Sie sind fast nur in Ländern im Einsatz, deren Regierungen nicht unseren demokratischen Vorstellungen entsprechen. Wie gehen sie mit dieser Frage um?
Wir müssen dennoch dort arbeiten. Nur die Menschen, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und die eine gewisse Ausbildung haben, werden die Entwicklung vorantreiben können. Für die Mutter, deren Kind Hunger leidet, ist es kein Argument, dass wir ihr nicht helfen, weil wir mit der Regierung nicht einverstanden sind.

Welche Rolle spielen Schwellenländer wie China in Afrika ?
Die Chinesen kaufen in Afrika gezielt wasserreiche Gebiete auf. In Sierra Leone findet man im Hotel fast alle Beschreibungen nur noch auf Chinesisch. Das zeigt auch, welcher Weg da derzeit eingeschlagen wird. Andererseits schaffen die Chinesen auch eine Infrastruktur, sie bauen Straßen und Transportwege, wo es zuvor keine gab. Das wäre eigentlich Angelegenheit der örtlichen Regierungen.

Arbeiten Sie mit chinesischen Organisationen zusammen?
Bisher noch nicht.

Und wie sieht es mit der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen aus?
Wir arbeiten eigentlich alle gut zusammen. Die Frage nach Revierkämpfen wird oft gestellt, aber die gibt es nicht. Die Vorstellung, man tritt sich auf die Füße, ist ganz falsch. In Haiti konnten sie nach dem Erdbeben 2010 gar nicht genug Hände haben, um die Menschen aus den Trümmern zu ziehen.

Wie ist die aktuelle Situation dort?
Haiti hat sich politisch stabilisiert. In ländlichen Regionen hat der Wiederaufbau weitgehend stattgefunden, die Situation hat sich verbessert. Die Hauptstadt Port-au-Prince ist immer noch eine Herausforderung, weil dort die Flüchtlingslager nicht aufgelöst sind und weil viele Gebäude noch nicht wieder hergestellt wurden.

Wagen Sie eine Prognose: Was ist in 20 Jahren? Welche Länder benötigen keine Hilfe mehr – und welche kommen neu zum Kreis der Hilfeempfänger hinzu?
Ich glaube, dass wir in 20 Jahren nicht mehr in Lateinamerika arbeiten werden. Kuba wird es in 20 Jahren auch geschafft haben. Ich denke, dass wir auch noch aus einigen asiatischen Ländern raus sind und dass es auch in Afrika Fortschritte geben wird. Wir haben uns intensiv damit beschäftigt, wie wir uns überflüssig machen können. Das Ziel muss sein, dass es keinen Hunger auf der Welt gibt.