Die vermeintlich Kleinen sorgen für große Emotionen bei der EM in Frankreich. Mittendrin im Achtelfinale: Das Team aus Island. Und ein ehemaliger VfB-Profi weiß, warum.

Sport: Dirk Preiß (dip)
Herr Sigurvinsson, Island steht im Achtelfinale der Fußball-EM. Läuft die Feier noch?
Nein, nein, das entscheidende Gruppenspiel war ja an einem Mittwochabend, deshalb ging es gar nicht so lange. Aber natürlich war es trotzdem ein ganz besonderer Abend bei uns in Reykjavík.
Waren überhaupt genügend Isländer in der Heimat? Man hatte ja das Gefühl, die ganze Insel sei in Frankreich zu Gast.
(Lacht) Es waren schon noch genügend da, wir hatten ein großes Public Viewing in Reykjavík, die Stimmung war super, super gut. Dazu saßen vermutlich 95 Prozent der Einwohner Islands am Mittwoch vor dem Fernseher. Die ganze Nation steht hinter dieser Mannschaft. Diesen Stolz kann man gar nicht beschreiben – und ich wage zu behaupten: So etwas haben wir bislang noch nicht erlebt.
Und die Party geht noch weiter . . .
. . . im Achtelfinale gegen England, ja. Dass wir genau auf diese Mannschaft treffen, ist wirklich ein Traum.
Warum?
Weil der englische Fußball von Island aus ganz besonders unter Beobachtung steht. Bei uns hat im Prinzip jeder Fußballfan seinen Lieblingsclub in England. Und sowieso gilt doch: Alles, was jetzt noch kommt bei dieser EM, ist für uns eine Zugabe, ein Extraplus.
Wie stehen die Chancen?
Die Engländer haben mich bislang noch nicht überzeugt, gerade gegen defensiv- und kopfballstarke Mannschaften hatten sie ihre Probleme. Und unsere Jungs können locker aufspielen – was nicht heißt, dass sie nicht gewinnen wollen.
Zumal Ihren Landsleuten die Außenseiterrolle ja bestens zu liegen scheint.
Wir haben keine Ronaldos oder Özils, das ist uns bewusst. Aber wir stehen zusammen, kämpfen – und haben auch schon gezeigt, dass wir nicht nur hinten drinstehen können. Wir haben in der Vorrunde zum Beispiel mehr Tore erzielt als Deutschland.
Die Engländer . . .
. . .  verdienen vermutlich alle jeweils 100 000 Pfund pro Woche. Aber das ist uns egal.
Woher kommt diese neue Stärke des isländischen Fußballs?
Wie gesagt: Wir konnten schon immer kämpfen, wir hatten schon immer Herz, und wir hatten auch schon immer ein großes Selbstbewusstsein. Allerdings haben wir erst jetzt die Bedingungen, um uns auf diesem Niveau zu behaupten.