Der Händlersprecher Ulrich Fromme vom Zentralverband des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes wertet den Handel von Autos im Internet sowohl als Chance als auch als Herausforderung für die Branche.

Stuttgart - Der Händlersprecher Ulrich Fromme wertet den Handel von Autos im Internet sowohl als Chance als auch als Herausforderung für die Branche.

 
Herr Fromme, ist der Internethandel ein Risiko oder eine Chance für das Kraftfahrzeuggewerbe?
Der Internethandel ist eine Chance und eine Herausforderung zugleich. Es ist ein zusätzlicher Vertriebskanal, der in anderen Branchen, wie etwa bei Schuhen und Büchern längst etabliert ist. Denken Sie nur an Zalando oder Amazon. Wer diese Entwicklung ignoriert und meint, dass das für das Autogeschäft nicht gilt, der macht aus meiner Sicht einen großen Fehler.
Verdirbt das Internet nicht das Geschäft, wenn Autokäufer vom Händler ähnliche Rabatte verlangen wie sie im Netz angeboten werden?
Das Auto ist ein komplexes Produkt mit einem hohen Beratungsaufwand. Die Anschaffung eines Neuwagens bedeutet für den Kunden eine hohe Investition. Trotzdem informiert er sich heute in der Regel erst einmal im Internet. Ich glaube aber, dass er das Objekt seiner Begierde dann immer noch sinnlich erleben will, die Farben sehen, das Leder riechen will, Probefahren will. Und das geht nun einmal nicht im Internet. Dann ist der persönliche Kontakt die Möglichkeit des guten Verkäufers, alle Vorteile des Kaufes zu erläutern, die weit über den Preis hinausgehen. Denken Sie an persönlichen Service, Versicherungsleistungen und den Kontakt zu jeder Zeit, wenn der Kunde es wünscht. Das mag nicht immer so sein, kann aber sehr oft funktionieren.
Wie beurteilen Sie, dass jetzt auch Hersteller wie BMW und Daimler in den Internethandel einsteigen ?
Für mich hängt die Beurteilung davon ab, wie das jeweilige Internet-Vertriebskonzept gestaltet wird. Ich glaube nicht, dass der Hersteller ohne den Handel in diesem Bereich weiterkommt. Alleine kriegen das aber auch Händlernetze nicht gestemmt. Es erfordert ja nicht unerhebliche Investitionen, um solch eine Internetplattform vernünftig aufzubauen. Hersteller und Händler gemeinsam: dies ist das einzige Erfolgsrezept. Wenn gewährleistet ist, dass der Händler für seine Leistungen auch eine angemessene Vergütung erhält und nicht der Hersteller alles für sich behalten will, profitieren beide Seiten davon.
Wie viele Käufe laufen denn heute bereits über das Internet, und wie sehen Sie die Perspektiven?
Es gibt schätzungsweise 40 000 Vermittlungen über Anbieter wie autoscout24, meinauto.de oder carneo.de, auf deren Portalen anonymisiert Angebote gestaltet, Autos individuell konfiguriert werden. Es werden aber darüber hinaus schon heute zahlreiche weitere Neuwagen zusätzlich über Internetplattformen verkauft. Das sind Fahrzeuge, die Autohändler schon auf Lager haben. Wenn man dies einbezieht, sind bereits mehr als 200 000 Neuwagen mit Hilfe des Internets verkauft worden. Von den insgesamt drei Millionen Pkw-Neuzulassungen in Deutschland sind rund eine Million Direktgeschäfte der Hersteller, beispielsweise mit Großkunden. Es bleiben also zwei Millionen für das Kraftfahrzeuggewerbe, wovon wie gesagt 200 000 über das Internet Käufer finden. Schon heute werden also etwa zehn Prozent der Neuwagen über das Internet vermarktet. Und ich bin fest davon überzeugt, dass es in den nächsten drei bis vier Jahren deutliche Zuwachsraten beim Autohandel über das Internet geben wird.