Die Staatsrätin für Bürger­beteiligung und Zivilgesellschaft, Gisela Erler, verteidigt im StZ-Interview den S-21-Bürgerdialog auf den Fildern auch nach dem Aus für die Variante Filderbahnhof plus.

Stuttgart – Der Filderbahnhof plus ist gescheitert. Das Bedauern von Gisela Erler darüber hält sich freilich in Grenzen.
Frau Erler, sind Sie persönlich enttäuscht über das Aus für den Filderbahnhof plus?
Nicht wirklich. Ich möchte hier nochmals festhalten, dass sich eine Mehrheit der Teilnehmer beim Filderdialog nicht für diese Variante, sondern für die Gäubahn-Direktverbindung ausgesprochen hat. Gleichwohl hatte der Filderbahnhof plus zunächst Charme, weil es bei der ersten Betrachtung so erschien, als ob er nicht viel teurer oder sogar billiger gebaut werden könnte als die Antragstrasse der Bahn. Die Prüfung durch Bahn und Verkehrsministerium hat das Gegenteil ergeben. Insofern kann man mit Blick auf die Haushaltssituation auch nicht von einer Variante der Vernunft sprechen, wie es manche gerne tun.

Wird durch das Scheitern nicht im Nachhinein der von Ihnen mitinitiierte Filderdialog entwertet?
Der Filderdialog war ein Versuch der Bürgerbeteiligung im Rahmen sehr enger Vorgaben. Ziel war es, Alternativen zur problematischen Antragstrasse zu finden. Es gab eine Reihe von sehr intelligenten Vorschlägen der Bürger, die vor 15 Jahren die Planungen der Bahn auf den Fildern durchaus positiv hätte beeinflussen können. Aber der Prozess war schon weit fortgeschritten, die Rahmenbedingungen waren gesetzt. Die Prämissen für den Filderdialog waren nun einmal der Kostenrahmen und der Direktanschluss der Gäubahn an den Flughafen – im Übrigen so beschlossen von allen Projektpartnern.

Sind Großprojekte, die bereits ein so fortgeschrittenes Stadium erreicht haben wie Stuttgart 21, nicht völlig ungeeignet, um solche neuen Beteiligungsformen zu erproben?
Das sehe ich anders, auch wenn das den Filderdialog erschwert hat. Schließlich hat ja auch die Bahn großes Interesse am Filderdialog gehabt. Sie war sozusagen mit die Mutter des Verfahrens, vielleicht auch deshalb, weil sie darin eine Chance sah, sich in puncto Bürgerbeteiligung zu rehabilitieren. Natürlich hätte schon früher über eine optimale Lösung diskutiert werden müssen. Aber immerhin wird nun auch der Filderbahnhof plus im weiteren Verfahren durch das Eisenbahn-Bundesamt alternativ zur Antragstrasse geprüft. Vielleicht kommt die Genehmigungsbehörde ja auf diese Variante zurück.

Die Opposition im Landtag wirft Ihnen und dem grünen Teil der Landesregierung vor, die Bürger im Dialog getäuscht zu haben. Was sagen Sie dazu?
Dieser Vorwurf kommt immer wieder, aktuell von den Gegnern des Nationalparks Nordschwarzwald. Ich sehe das nicht so. Der Filderdialog war ein Stück weit der Versuch, die Quadratur des Kreises zu schaffen. Aber die Menschen sind nicht getäuscht worden. Die Rückmeldungen haben uns gezeigt, dass die Teilnehmer vielmehr verstanden haben, wie schwierig die Ausgangssituation war.