Kaum einer kennt den neuen VfB-Cheftrainer Thomas Schneider so gut wie er: Frank Wormuth hat Schneider 2010 zum Fußballlehrer ausgebildet – und traut ihm einiges zu.

Stuttgart - Im Play-off-Spiel der Europa League gegen HNK Rijeka sitzt Thomas Schneider am Donnerstag erstmals auf der Trainerbank des VfB Stuttgart. „Er darf jetzt nicht anfangen, eine Rolle zu spielen“, sagt Frank Wormuth, der Schneider 2010 zum Fußballlehrer ausgebildet hat.

 
Herr Wormuth, Thomas Schneider ist über Nacht von der B-Jugend in die Bundesliga befördert worden. Kann so etwas gutgehen?
Natürlich. Das klingt zwar kurios. Aber warum denn nicht?
Frank Wormuth. Foto: Pressefoto Baumann
Weil Schneider die Erfahrung fehlen könnte.
Er mag im obersten Bereich wenig Erfahrung als Trainer haben. Aber er hat den Stallgeruch als ehemaliger Fußballprofi. Die Spieler wissen: er kennt sich aus, dem kann man nichts vormachen – im Gegenteil: von dem können wir noch was lernen. Und mit Verlaub: ob Sie eine U 17 oder eine Bundesligamannschaft trainieren – rein inhaltlich gibt es da keine Unterschiede. Es spielt keine Rolle, ob Sie Laufwege in der Jugend oder mit 30-Jährigen einstudieren. Das Fußballspiel bleibt das gleiche.
Dann sehen Sie kein Akzeptanzproblem?
Das Entscheidende ist die Sozialkompetenz des Trainers, also der Umgang mit den Spielern. Wenn es Hand und Fuß hat, wie er sich auf dem Platz präsentiert, dann wird kein Spieler dieser Welt etwas dagegen einzuwenden haben. Die Profis bekommen sofort mit, ob ein Trainer Ahnung hat oder ob er ins Schwimmen gerät, wenn ein Spieler eine Frage stellt und er keine Antwort findet. Das wird Thomas nicht passieren.
Welche Herangehensweise an den neuen Job würden Sie ihm empfehlen?
Ganz einfach: er soll er selbst sein. Thomas darf nicht anfangen, eine Rolle zu spielen oder plötzlich mit Krawatte ins Training zu kommen. Der Verein weiß genau, was für ein Typ er ist. Genau deshalb wird man ihn genommen haben: Weil man überzeugt davon ist, dass er mit seiner Mentalität an die Spieler rankommen wird.
Wie haben Sie ihn in der Ausbildung zum Fußballlehrer kennengelernt?
Er ist auf der einen Seite ein Kumpeltyp, der immer einen lockeren Spruch auf Lager hatte. Andererseits war er sehr zielstrebig, akribisch und konzeptorientiert. Er wollte immer dazulernen, hat unheimlich viel nachgefragt und die Dinge aufgesaugt. Und er konnte unterscheiden, wann es ernst wurde und wann ein Spaß erlaubt war.
Ist es in der derzeitigen Situation des VfB hilfreich, wenn der Trainer locker sein kann?
Klar. Aber der größte Spaß entsteht erst dann, wenn die Spiele gewonnen werden. Dann sagen die Spieler nach einem Trainerwechsel zwar immer: ‚Jetzt haben wir wieder Freude im Training.‘ Das liegt aber nicht am neuen Trainer, sondern vor allem daran, dass sie drei Punkte geholt haben.
Wie problematisch ist es, dass gegen Rijeka gleich ein Spiel ansteht, das für den ganzen Verein von großer Bedeutung ist?
Thomas kann doch nur gewinnen. Er hat in den drei Tagen bis zum Spiel keinen großen Einfluss auf die Mannschaft und kann inhaltlich wenig verändern. Wenn er in der sozialen Interaktion den Spielern das Gefühl geben kann, eine Hilfestellung zu leisten, wenn er mentale Blockaden lösen kann, dann hat er schon viel erreicht.
Der VfB-Manager Fredi Bobic hat den Trainerwechsel damit begründet, dass Bruno Labbadia die Mannschaft nicht mehr erreicht habe. Was bedeutet das konkret?
Ich kann das nur allgemein beantworten, weil ich nicht beurteilen kann, ob das in Labbadias Fall tatsächlich so war. So etwas bedeutet, dass die Mannschaft dem Trainer nicht mehr glaubt und die Spieler seine Anweisungen ständig hinterfragen. Der Trainer kann in diesem Fall zwar versuchen, den Spieler durch Argumente zu überzeugen, wenn diese Argumente aber nicht mehr zünden, wird es schwierig.