Die Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 Eisenhart von Loeper und Norbert Bongartz begründen, warum sie weiter das Ziel verfolgen, das bereits im Bau befindliche Projekt zu stoppen – und wie sie das erreichen wollen.

Stuttgart – - Nach dem Streit um den Ort der Montagsdemonstrationen haben sich die Stuttgarter Grünen, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Fahrgastverband Pro Bahn aus dem Aktionsbündnis gegen S 21 verabschiedet. Ist der Rückzug der vier namhaften Gruppen der Anfang vom Ende des Protests gegen den Tiefbahnhhof? Dazu nehmen Eisenhart von Loeper und Norbert Bongartz, die Sprecher des Bündnisses, Stellung. Und sie erklären, warum sie weiter davon überzeugt sind, dass Stuttgart 21 nicht kommen wird.
Herr von Loeper, Herr Bongartz, wie fühlen Sie sich als Nachlassverwalter des auseinandergebrochenen Aktionsbündnisses?
Loeper Ich erlebe, wie es die Menschen schmerzt und empört, was Stuttgart 21 in der Stadt anrichtet. Das greifen wir im Aktionsbündnis auf. Da sind wir ungebrochen vital, voller Tatendrang. Und was die ausgeschiedenen Mitglieder betrifft: das geschah einvernehmlich und mindert unsere Kraft in keiner Weise, weil wir projektbezogen und im Ziel gegen S 21 verbunden bleiben. Hervorragende Bahnexperten haben sogar ein Zeichen gesetzt, sind dem Bündnis beigetreten und machen mit uns Ende April in Stuttgart den bundesweiten Bahnkongress. Grüne, BUND und Verkehrsverbände haben signalisiert, mitmachen zu wollen.
Ganz so harmonisch, wie Sie das jetzt darstellen, war die Trennung wohl nicht. Es gab doch auch inhaltliche Differenzen.
Bongartz Es gab Gruppen im Aktionsbündnis, die nicht mehr daran glauben, dass wir Stuttgart 21 noch verhindern können. Sie stehen dem Projekt aber weiterhin kritisch gegenüber. Die jetzigen Mitglieder im Bündnis bemühen sich weiter um eine aktive Verhinderung des Projekts. Wir beackern das gesellschaftliche Umfeld, um einen Meinungsumschwung auch bei den Entscheidern herbeizuführen. Wenn wir den Kopf hängen lassen würden, würden wir das Gesetz des Handelns den S-21-Machern und ihren Hilfstruppen überlassen. Ich will aber nicht verschweigen, dass es auch Frust bei einzelnen über die meist recht langen internen Diskussionen gab.
Kommt dem Bündnis die politische und organisatorische Schlagkraft abhanden, weil jetzt die Verbindung in die Parlamente und in Verbandsgremien hinein fehlt?
Loeper Ich hatte mir gerade von den Vertretern der Grünen einen besseren Zugang zur Rathausspitze und zu OB Fritz Kuhn erhofft. Leider zeigte er aber eine seltsame Distanzierung und schwieg auf unsere Vorschläge, so etwa beim fehlenden Brandschutz, beim zweiten Bürgerbegehren und zuletzt, als es um die Transparenz beim Umbau des Nesenbachdükers ging. Der Weggang der Grünen wird unsere eigenständige und machtpolitisch unabhängige Linie weiter stärken.
Sie können jetzt freier agieren?
Bongartz Wir müssen jetzt nicht mehr so lange miteinander ringen, unsere Sitzungen laufen zügiger und effektiver ab. Wir haben auf einer Klausursitzung nochmals einen Konsens der verbliebenen Mitglieder über unsere Strategie erzielt. Die Trennung hat also auch zu einer Klärung geführt.
Wie ist es nach dem Bruch des Bündnisses um die finanzielle Situation bestellt?
Loeper Die bisher vom Aktionsbündnis gesammelten Spenden werden noch vom BUND verwaltet, der für die Gemeinnützigkeit der Ausgaben steht. Wir sind uns einig, mit dem Geld auch für die nächsten zwei Jahre genug Reserven zu haben, um uns fachlich und gutachterlich gegen die Bahn und ihr Planungschaos zu wehren.
Bongartz Das zeigt doch, dass die Kluft nicht so groß ist, wie man vielleicht von außen vermuten könnte.