Die italienische Philosophin Michela Marzano hat genug vom Zwang, dünn, schön und fit sein zu müssen. Sie war selbst magersüchtig. Ihr Buch „Philosophie des Körpers“ ist ihr Plädoyer dafür, mit unseren Unvollkommenheiten zu leben.

Stuttgart – Sie war selbst magersüchtig. Heute ist die italienische Philosophin Michela Marzano eine erfolgreiche Frau, ist Professorin und sitzt im italienischen Parlament. Nun hat sie ein Buch geschrieben über den Schönheits- und Perfektionswahn, der uns zwingt, unsere Körper zu stylen und optimieren. „Philosophie des Körpers“ ist ihr Plädoyer dafür, mit unseren Unvollkommenheiten zu leben.
Frau Marzano, Sie beschäftigen sich mit Diäten, Fitness und Schönheitschirurgie: Ist das noch Philosophie?
Oh ja. Die Philosophie hatte nur lange vergessen, dass der Mensch ein körperliches Wesen ist. Unser Körper ist unsere einzige Möglichkeit, in dieser Welt zu leben und anderen zu begegnen.

Fast jeder hat etwas an seinem Körper auszusetzen, gerade mit zunehmendem Alter. Wie erleben Sie das?
Da bin ich auch keine Ausnahme, ich empfinde das Älterwerden als schwierig. Auch mir macht es Angst, dass die Zeit ihre Spuren in meinem Gesicht und auf meinem Körper hinterlässt. Der Körper verweist uns eben auf all das, was wir nicht sein wollen.

Nämlich?
Unser Körper erinnert uns beständig an unsere Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit. Wir sind nun mal Wesen aus Fleisch und Blut. Der Körper ist das Wahrzeichen unserer Menschlichkeit und Endlichkeit.

Beim Thema Endlichkeit verschließen wir gern Augen und Ohren.
Verständlicherweise. Aber wenn wir uns nicht für den Körper interessieren, können wir weder unser Verlangen begreifen, die Grenzen zu überwinden, auf die uns unser Körper zurückwirft, noch die Ohnmachtsgefühle, die wir manchmal verspüren.

Aufgrund der technischen Fortschritte lassen sich die Grenzen doch besser ignorieren.
Selbst dann, wenn wir die Grenzen immer weiter verschieben – sie bleiben. Die Grunderfahrung der menschlichen Existenz ist nun mal, dass wir sterblich sind. Wir können versuchen, immer noch mehr aus unserem Leben herauszuholen, eines Tages sterben wir eben.