Warum ist die Angst vor dem Islam so groß?
Die größten Ängste haben die Menschen, die sich von ihrer eigenen Religion entfernt haben, keine persönlichen Kontakte zu Muslimen pflegen und die viel Halbwissen über den Koran mitbringen. Ich mag mich nicht bei jeder Gelegenheit von den Taten des IS distanzieren müssen, nur weil ich Muslimin bin und Kopftuch trage. Ich will mit diesen IS-Leuten nichts zu tun haben, das sind keine Muslime, das sind Terroristen. Es verbietet sich, im Zusammenhang mit dem IS den Islam auch nur in den Mund zu nehmen.
Wie leben Sie Ihren Glauben?
Ich stehe zur Zeit kurz vor sechs zum Morgengebet auf und bete mit meinem Mann fünf Mal am Tag, meist auf dem Teppich in unserem Wohnzimmer. Im Ramadan faste ich, wenn es meine Gesundheit zulässt. Vor 16 Jahren habe ich die Pilgerreise nach Mekka gemacht, die jedem Muslim vorgeschrieben ist. Ich war noch nie in meinem Leben mit einer solchen Menschenmasse konfrontiert. Man bekommt Platzangst und ist froh, unverletzt aus der Menge wieder herauszukommen. Die Hadsch muss anstrengend sein. Wie viele Muslime bin ich danach erst einmal krank geworden. Aber das Erlebnis ist unvergesslich.
Würden Sie es akzeptieren, wenn sich Ihre Enkeltöchter für eine andere Religion entscheiden?
Genauso wie meine Mutter mich und meine Schwestern nach bestem Wissen und Gewissen im katholischen Glauben erzogen hat, genauso erzieht meine Tochter ihre Kinder im Islam. Wenn ihre Kinder einmal im religionsmündigen Alter sind, steht es ihnen selbstverständlich frei, ob sie diesen Weg gehen wollen.