Die Hamburger Kultur-Senatorin Barbara Kisseler sieht die Elbphilharmonie positiv. Sie glaubt, dass die Bürger das Konzerthaus annehmen werden – wenn es erst einmal fertig gebaut ist.

Frau Kisseler, im vergangenen Jahr warb der Konzern Evonik für seinen Börsengang mit ganzseitigen Tageszeitungsanzeigen. Da hieß es: „Zum Glück gibt es auch Großprojekte in Deutschland, die in Ruhe zu Ende gebracht werden.“ Dazu waren drei Bilder gestellt: der Großflughafen Berlin, Stuttgart 21 und die Elbphilharmonie. Schmerzt das?
Überhaupt nicht. Als Rheinländerin habe ich einen ausgeprägten Sinn für Humor. Aus Sicht des Auftraggebers war das eine gute Anzeige. Wir haben den Vorstandsvorsitzenden von Evonik auch in der Zwischenzeit über die Baustelle geführt – und er war sehr angetan. Mich trifft die Anzeige auch nicht, da sie einen kleinen Schönheitsfehler hat: Sie stellt uns in eine Reihe mit Projekten, von denen ich nicht ganz genau weiß, wie es weitergeht. Bei der Elbphilharmonie weiß ich das.
Seit beinahe drei Jahren im Amt, haben Sie in dieser Zeit die volle Breitseite der Elbphilharmonie-Problematik abbekommen . . .
Sie sehen, ich lebe noch . . .
Wie geht es jetzt weiter?
Zunächst einmal haben wir vor inzwischen über einem Jahr das Projekt komplett neu geordnet. Seitdem wird auf der Baustelle wieder sehr erfolgreich gebaut. Parallel möchte ich weiter für die Akzeptanz des Projekts werben. Und das heißt nicht nur, darauf zu achten, dass wir jetzt in dem festgelegten Rahmen bleiben, was den Eröffnungstermin und den Preis betrifft, sondern dass wir in der Stadtgesellschaft auch so etwas wie Stolz für dieses Projekt entfachen. Mit mehr als 30 000 begeisterten Besuchern auf der Baustelle im vergangenen Jahr ist uns dies schon ganz gut gelungen. Ich merke, dass dieses Projekt wieder zunehmend Zustimmung erfährt – auch auf breiterer Ebene. Nach der Einigung mit dem Baukonzern Hochtief hat das Projekt jetzt eher wieder ganz viele erfolgreiche Mütter und Väter. Und zur Fertigstellung werden alle sagen: Ja, so sind wir in Hamburg, so was schaffen wir.
Mit welchen Mitteln wollen Sie für diese Akzeptanz werben?
Beispielsweise werden wir weiter nicht nur die Abgeordneten der Bürgerschaft kontinuierlich über den Stand informieren, sondern auch die Öffentlichkeit. Wir bieten daher Baustellenführungen an und im Mai auch einen Tag der offenen Tür.
Manche sagen, der Preis für die Stadt Hamburg mit dem Hochtief-Konzern weiterzubauen, sei zu hoch.
Die Verhandlungen wurden hart geführt und das Kündigungsszenario war nicht nur Drohkulisse, sondern ernst gemeint – mit allem, was da auf die Stadt zugekommen wäre. Schlussendlich haben wir eine Vereinbarung erreicht, in der es keine ungeklärten Fragen gibt. Außerdem haben wir gegengerechnet, was bei einem Ausstieg Hamburgs passieren würde – das Risiko für einen erfolgreichen Bauabschluss wäre in dem Fall sehr hoch gewesen.
Haben die enormen Preissteigerungen dem Ansehen der Kultur geschadet?
Dass es der Kultur geschadet hat, glaube ich nicht. Ich möchte aber betonen, dass das Gebäude architektonisch eine Ikone der Hochkultur sein mag, mit seinem Programm aber breite Bevölkerungsschichten ansprechen wird, Stichwort kulturelle Bildung. Es kann nicht sein, dass das ein Tempel der Schönen und Reichen sein wird. Im Hinblick auf das musikalische Konzept überwiegt bereits jetzt bei den schon stattfindenden Elbphilharmonie-Konzerten das Echo, dass das ein Projekt ist, das auf der kulturpolitischen Habenseite der Stadt sehr positiv zu Buche schlägt. Das liegt auch an der Arbeit des Intendanten Christoph Lieben-Seutter, die zukunftsorientiert und international ausgerichtet ist.