Mit der Gründung der asiatischen Infrastruktur-Investmentbank kontrolliert Peking zunehmend die weltweiten Finanzströme. 50 Länder sind an der Bank beteiligt, auch Deutschland.

Peking - Die chinesische Regierung verzeichnet in diesen Tagen gleich mehrere finanzpolitische Triumphe. Während Premier Li Keqiang bei einem Gipfel in Brüssel als Geldgeber für das zerrüttete Europa auftritt, verwirklicht Präsident Xi Jinping in Peking eines seiner wichtigsten Projekte: Die Gründung der Asiatischen Infrastruktur-Investmentbank AIIB. Vertreter aus 50 Ländern haben am Montag die Gründungsurkunde der Bank unterzeichnet, die mehrheitlich von China finanziert wird. Zu den Gründungsmitgliedern gehört auch Deutschland, das sich mit 900 Millionen Dollar Kapital und mit Kreditgarantien beteiligt.

 

Xi hat die AIIB aus Frust über die bestehenden Förderinstitutionen ins Leben rufen lassen. Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds erscheinen ihm nicht mehr zeitgemäß: Trotz der steigenden weltweiten Bedeutung der Schwellenländer – und ihrer erheblichen Finanzkraft – haben sie dort nicht den angemessenen Einfluss erhalten. Die USA haben sich hartnäckig dagegen gesträubt, ihnen mehr Stimmrechte zuzugestehen und sich selbst eine Schlüsselrolle vorbehalten. Die Amerikaner fehlten dementsprechend am Montag in Peking bei der Unterzeichnung der Gründungsakte. Sie haben sogar noch versucht, ihre Verbündeten vom Beitritt abzuhalten – vergeblich. Ausgerechnet die Briten waren bemüht, in Peking als besonders eifrige Unterstützer wahrgenommen zu werden. Sie erhoffen sich Vorteile für den Finanzplatz London. Deutschland, Frankreich und Italien haben sich vorher abgesprochen und dann ihre Teilnahme erklärt.

Deutschland positioniert sich als größter Geldgeber außerhalb der Region Ostasien

China und die Eurogruppe helfen sich hier auch gegenseitig: In Gesprächen mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und in Brüssel sagte Premier Li weitere chinesische Investitionen in Europa zu. Unter den wichtigen Volkswirtschaften boykottiert derweil außer den USA nur Erzrivale Japan das chinesische AIIB-Projekt. Tokio kontrolliert bereits die ähnlich angelegte Asiatische Entwicklungsbank ADB und hat kein Interesse an regionaler Konkurrenz. Den Neinsagern bleibt jedoch nichts anderes übrig, als die Existenz der neuen Förderbank hinzunehmen. China zahlt ein Drittel des Kapitals der Bank von 100 Milliarden Dollar ein und sichert sich damit 26,1 Prozent der Stimmrechte – genug, um Entscheidungen notfalls zu blockieren, weil eine Zustimmung von drei Vierteln nötig sein wird. In Peking wird allgemein erwartet, dass Jin Liqun der Gründungspräsident wird, ein erfahrener Finanzexperte, der dem Aufsichtsrat des chinesischen Staatsfonds vorsitzt.

Deutschland kommt mit seinem Beitrag auf Platz vier der Investoren und positioniert sich als größter Geldgeber außerhalb der Region Ostasien. Das reicht auf jeden Fall, um im Tagesgeschäft mitreden zu können. Die europäischen Mitgründer der AIIB achten nun eifersüchtig darauf, welche Gegenleistungen sie für ihre Teilnahme erhalten. Großbritannien hofft darauf, dass die Bank eine Zweigstelle in London eröffnet und sich dort am Kapitalmarkt mit Geld versorgt. Auch die Besetzung eines Vizepräsidentenpostens ist im Gespräch, ebenso wie ein Sitz im Direktorium der Bank. Deutschland kann sich jedoch Frankfurt als Standort für die AIIB-Zweigstelle vorstellen. In Berlin herrscht ebenfalls die Erwartungshaltung, dass Deutschland im Management prominent vertreten sein wird – wenn auch möglicherweise auf einem rotierenden Direktorenposten zusammen mit den Nachbarländern Frankreich und Italien.

In Ostasien genießt das AIIB-Projekt ein gutes Image. China kann seine gewaltigen Finanzreserven hier zum Wohl der ganzen Region nutzen. Die Beteiligung vieler unabhängiger Länder inklusive der Europäer stellt zudem einigermaßen sicher, dass die Bank eine gute Unternehmensführung genießen wird. Xi ist Transparenz besonders wichtig – die Bank soll ausdrücklich nicht der chinesischen Mauschelei verfallen. Ihr Regelwerk stammt von früheren Weltbank-Mitarbeitern. Nach Aufnahme der Geschäfte im Januar kann die neue Förderbank sich beispielsweise beim Wiederaufbau in Nepal nach dem Erdbeben im Frühjahr engagieren.