Mit einer internationalen Investorenkonferenz will Ägypten der Welt demonstrieren, dass das Land unter Führung von Abdel Fattah al-Sissi die Turbulenzen überwunden hat und wieder ein attraktives Ziel ist. Doch die Realität im Land spricht eine andere Sprache.

Kairo - Ägypten trommelt in eigener Sache. Selbst in den Flugzeugen von Egypt Air werden die Passagiere dieser Tage vor dem üblichen Reisegebet mit Jubelwerbung für das Großereignis in Scharm al-Scheich beschallt. Ägypten ist wieder stabil und sicher. Ägypten meldet sich zurück auf der internationalen Wirtschaftsbühne. Die Zeiten der politischen Turbulenzen sind vorbei. Es lohnt sich, am Nil zu investieren, tönt es aus allen Lautsprechern. „Wir wollen Ägyptens Potenzial wieder zur Geltung bringen“, deklamierte Präsident Abdel Fattah al-Sisi und forderte einheimische und ausländische Investoren auf, sich aktiv daran zu beteiligen. „Unser Hauptziel ist, der Welt zu zeigen, Ägypten ist wieder da“, sekundierte die Ministerin für Internationale Zusammenarbeit, Naglaa al-Ahwany.

 

Doch das Echo ist gemischt. Zwei Dutzend Minister, Hunderte Wirtschaftsführer sowie IWF-Chefin Christine Lagarde haben sich für die dreitägige Investorenkonferenz in dem Badeort am Roten Meer angesagt, die am Freitag beginnt. Aus den USA kommt Außenminister John Kerry. Deutschland wird von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vertreten, dem ersten deutschen Kabinettsmitglied, das seit dem Umsturz im Juli 2013 Ägypten besucht. Andere europäische Staaten entsenden ihre Finanzminister. Vor allem präsent aber sind die Golfstaaten Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate. Riad schickt Kronprinz Muqrin, aus Kuwait kommt Emir Sabah al-Ahmad al-Sabah. Ihre Nationen sind die Hauptgeldgeber des militärgestützten Sisi-Regimes und finanzieren schon jetzt zwei Drittel aller arabischen Investitionen am Nil.

Jede Menge Mammutprojekte

35 Entwicklungsvorhaben will Ägypten seinen milliardenschweren Gästen präsentieren, die meisten staatlich organisierte Mammutprojekte. Eine Million Wohnungen sollen hochgezogen werden, den Bau neuer Stromkraftwerke will man erstmals auch Privatinvestoren anbieten. Große Wüstenflächen wie in Toschka nahe dem Nasser-Stausee sollen urbar gemacht werden, um den Bevölkerungsdruck im Niltal zu verringern. Eine zweite Fahrrinne des Suezkanals soll in Rekordzeit bis August 2015 fertig gestellt werden. Geplant ist ein Hochgeschwindigkeitszug zwischen Kairo und Alexandria. Und Ägypten will für 60 Milliarden Dollar einen neuen Regierungssitz nahe Kairo aus dem Boden stampfen.

Doch alle Hochglanzbroschüren und Werbespots können nicht übertünchen, wie hoch sich inzwischen die Schwierigkeiten im Land türmen, auch wenn nach vier Jahren Flaute das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr auf 3,8 Prozent klettern könnte. Täglich gehen Bomben hoch und sterben Menschen, so häufig, dass dies in den internationalen Medien kaum noch erwähnt wird. Im Visier stehen Polizisten und Soldaten, inzwischen aber auch westliche Fast-Food-Ketten, Läden von Mobilfunkanbietern oder große Einkaufszentren. Und genauso wenig wie bei der inneren Sicherheit, geht es auch bei der sozialen Entwicklung voran. Offiziell liegt die Arbeitslosigkeit bei gut 13 Prozent, bei jungen Leuten sogar bei 40 Prozent, und damit auf demselben Niveau wie zu Zeiten des gestürzten Präsidenten Mohamed Mursi. Die Inflation beträgt zehn Prozent, was besonders die Armen trifft, die gut die Hälfte der Bevölkerung ausmachen.

Kaum dauerhafte Jobs

Für die wenigen ägyptischen Kritiker, die sich noch zu reden trauen, führt daher die Gipfelstrategie der Regierung ins Leere. Megaprojekte allein könnten das gebeutelte Land nicht aus der Krise führen, geschweige denn Armut, Arbeitslosigkeit und Unterentwicklung bekämpfen, argumentiert das „Egyptian Center for Economic and Social Rights“. Denn man locke lediglich Investitionen an, die sich schnell amortisieren und wenig dauerhafte Arbeitsplätze schaffen, wie Shopping Malls, Vergnügungsparks oder Wohnanlagen für Ägyptens Oberschicht.