Es sei die tiefste Hölle im syrischen Horror, sagt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon über das Flüchtlingslager Jarmuk im Süden von Damaskus. Rund 16.000 Palästinenser leben noch in der Ruinenstadt.

Damaskus - Mit ungewöhnlich drastischen Worten hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon das Flüchtlingslager Jarmuk im Süden von Damaskus mit einem Todeslager verglichen. "Im syrischen Horror ist das Flüchtlingslager Jarmuk die tiefste Hölle", sagte Ban vor Journalisten in New York. Das Flüchtlingslager erinnere immer mehr an ein Todeslager.

 

Hohe EU-Vertreter warnten vor einem Massaker in Jarmuk, das in den Strudel des syrischen Bürgerkriegs gerissen wurde. Große Teile der Flüchtlingssiedlung kontrolliert seit Monatsanfang die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Palästinensische Bürgerwehren versuchen die IS-Kämpfer zurückzuschlagen. Ungeachtet internationaler Appelle wurden die Gefechte um Jarmuk am Freitag immer heftiger. Nach EU-Angaben benutzen beiden Kampfseiten Zivilisten als menschliche Schutzschilde.

Das Leiden der rund 16 000 Menschen in Jarmuk nahm weiter zu. Warnungen vor einer humanitären Katastrophe wurden lauter. UN-Generalsekretär Ban appellierte an die Weltöffentlichkeit: "Wir können nicht einfach dastehen und zusehen, wie sich ein Massaker zuträgt." In einer gemeinsamen Erklärung der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini und des zuständigen EU-Kommissars Christos Stylianides hieß es, die Sicherheitslage und die humanitäre Situation hätten sich "von schlecht zu noch schlimmer" entwickelt.

Auch Assads Truppen kämpfen mit

Augenzeugen beschrieben die Situation vor Ort als unübersichtlich. Zusätzlich zu den Bodenkämpfen hätten syrische Regimekräfte die IS-Extremisten mit Artillerie beschossen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Überall drohten Zivilisten in die Schusslinie zu geraten. Das Flüchtlingslager habe "das untere Ende der Hölle" erreicht, sagte der Sprecher des UN-Palästinahilfswerks (UNRWA), Chris Gunness. "Es darf nicht noch weiter sinken."

Die Bundesregierung stellte zusätzliche Hilfe für Jarmuk in Aussicht. "Seit Beginn des Bürgerkriegs geht es den Menschen da schlecht", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts. "Sie werden ausgehungert." Syriens Regime und Extremisten blockierten Hilfe. Das Lager gleicht inzwischen einer Ruinenstadt. Die Terrormiliz IS hatte in der vergangenen Woche rund 90 Prozent von Jarmuk unter ihre Kontrolle gebracht. Damit rückten die Extremisten so nah wie nie zuvor an das Zentrum der syrischen Hauptstadt vor.

Unterstützt vom Regime versuchen mehrere palästinensische Milizen jetzt, die Extremisten zurückzudrängen. Die Palästinenser rückten nach eigenen Angaben bis in das Zentrum von Jarmuk vor. Die IS-Extremisten kontrollierten nur noch rund ein Drittel des Lagers, sagte ein Sprecher der Milizen der Deutschen Presse-Agentur. Eine unabhängige Bestätigung dafür gab es nicht. Auch über Tote und Verletzte bei den heftigen Gefechten am Freitag lagen zunächst keine Angaben vor. Da Jarmuk von der Außenwelt abgeschnitten ist, dringen nur wenige Informationen nach außen.

In dem Lager leben noch rund 16 000 von einst etwa 150 000 Palästinensern. Dabei handelt es sich um Flüchtlinge aus dem arabisch-israelischen Krieg 1948 und um deren Nachkommen. Die Lage in Jarmuk ist auch deshalb so dramatisch, weil das Regime seit rund zwei Jahren die Zugänge zum Lager blockiert. Damals hatten Oppositionelle die Kontrolle über Jarmuk übernommen.