In der Gemeinde Saint-Quentin Fallavier bei Lyon ist es am Freitagvormittag zu einem islamistisch motivierten Anschlag gekommen. Ein mutmaßlicher Täter wurde kurz nach der Tat festgenommen. Laut Staatsanwaltschaft gebe es keinen Hinweis auf einen Komplizen.

Saint-Quentin Fallavier - Knapp ein halbes Jahr nach den Mordanschlägen von Paris wird Frankreich erneut von einem islamistischen Attentat erschüttert. Nach einem Überfall auf ein Werk für Industriegase in der Nähe von Lyon am Freitag wurde die Leiche eines enthaupteten Mannes entdeckt. Mindestens zwei Menschen wurden nach Angaben der Behörden zudem leicht verletzt. Die Polizei nahm einen 35-jährigen Mann fest, der Kontakt zur radikalislamischen Szene haben soll. Später stellte sie einen weiteren Tatverdächtigen und verhaftete auch die Frau des Hauptverdächtigen und eine Schwester.

 

Am Abend gab der für Terrorismus zuständige Staatsanwalt François Molins in Paris bekannt, dass es bisher keine Hinweise auf einen Komplizen gebe. Der mutmaßliche Täter Yassin S. sei in dem Werk als Lieferant bekanntgewesen, ebenso das bei dem Anschlag benutzte Fahrzeug. Der Wagen sei für Lieferungen an die Fabrik benutzt worden, sagte Molins. Das Auto sei dabei entweder von dem 35 Jahre alten Attentäter oder seinem Chef gesteuert worden.

Der Arbeitgeber ist das einzige Todesopfer des Anschlags. Die enthauptete Leiche wurde laut Molins am Fabrikgelände gefunden, in der Nähe sei ein Messer entdeckt worden. Der Täter sei auf dem Gelände erwischt worden, als er versucht habe, eine Azeton-Flasche zu öffnen. Dabei sei er von Feuerwehrleuten überwältigt worden. Molins stufte die Situation in dem Werk als gefährlich ein. Die Fabrikation sei entsprechend den EU-Richtlinien in der nach der Katastrophe in Italien benannten Seveso-Kategorie eingestuft.

Frankreichs Präsident François Hollande brach wegen des Anschlags seine Teilnahme am EU-Gipfel in Brüssel ab. Er sprach von einem Anschlag „terroristischer Natur“. Auf dem Körper des enthaupteten Manns wurden arabische Schriftzeichen entdeckt. Sein Kopf steckte auf einem Zaun, der die Gasefabrik umgibt. In der Nähe waren nach Angaben von Augenzeugen zwei schwarze Islamistenflaggen zu sehen.

Verdächtiger soll Verbindungen zu Salafisten haben

In den vergangenen Monaten hatte die islamistische Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mehrfach Geiseln enthauptet. Einige der Gräueltaten waren dann später auch in Internet-Videos zu sehen.

Innenminister Bernard Cazeneuve sagte, der mutmaßliche Attentäter stehe in Verbindung mit salafistischen Organisationen. Die Behörden seien bereits 2006 auf den 35-jährigen Yassine S. wegen radikaler Tendenzen aufmerksam geworden.

Die Frau des Festgenommenen wurde nahe Lyon ebenfalls von der Polizei festgehalten. Dem Sender Europe-1 hatte sie zuvor berichtet, ihr Mann sei als Auslieferungsfahrer am Morgen zur Arbeit gegangen. „Wir sind normale Muslime“, versicherte sie. Sie selbst habe aus dem Fernsehen von dem Anschlag erfahren.

Tathergang ist noch unklar

Der genaue Hergang war zunächst unklar. Nach ersten Angaben fuhr der Täter - möglicherweise in Begleitung - gegen 9.50 Uhr mit einem Auto in hoher Geschwindigkeit auf die Fabrik zu. Zeugen berichteten von einer „enormen Explosion“. Der Schaden hielt sich dann aber offenbar in Grenzen. Die Fabrik unweit des Flughafens von Lyon gehört dem US-Konzern Air Products, der Gase für die Industrie und den medizinischen Gebrauch herstellt. Nach der Tat wurde das Gelände weiträumig abgesperrt.

Im Januar waren bei Anschlägen auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ und einen jüdischen Supermarkt in Paris 17 Menschen von islamistischen Terroristen getötet worden. Die Anschläge lösten international eine beispiellose Welle der Solidarität aus.

Die Bundesregierung verurteilte das Attentat. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, gerade in Fragen der Sicherheit hingen Deutschland und Frankreich eng zusammen. Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte ein entschlossenes Vorgehen gegen den internationalen Terrorismus an.