Zehn Jahre nach dem Beginn eines Modellversuchs wollen auch zwei Grundschulen im Kreis Göppingen den islamischen Religionsunterricht einführen. Die Klasse wäre größer als bei Katholiken und Protestanten.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Eislingen/Göppingen - An der Bodenfeldschule in Göppingen soll im kommenden Schuljahr islamischer Religionsunterricht eingeführt werden. Den entsprechenden Antrag habe sie am Mittwoch beim Schulamt eingereicht, sagte die Rektorin Margrit Arnold-Kunzweiler. Das Gleiche plant die Silcherschule in Eislingen. Die Lehrerkonferenz habe schon mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zugestimmt. Am Donnerstag berät nun noch der Kultur-, Sport- und Sozialausschuss des Eislinger Gemeinderats, der als politische Vertretung des Schulträgers dem Antrag ebenfalls zustimmen muss. In Göppingen wird es eine solche Beratung im Februar geben. Es wären die beiden ersten Schulen mit einem solchen Angebot im gesamten Göppinger Kreisgebiet. Landesweit gibt es das Angebot bisher an 71 Schulen.

 

Kurz vor dem Start kommt die Lehrerin abhanden

Es ist erklärter Wille der grün-roten Landesregierung, zum Schuljahr 2016/2017 an mindestens 20 weiteren Schulen den „islamischen Religionsunterricht sunnitischer Prägung“, wie es offiziell heißt, einzuführen. Für die Silcherschule wäre es ein Start mit zehnjähriger Verspätung. Denn schon, als das Land, damals noch unter einer CDU/FDP-Regierung, im Schuljahr 2006/2007 mit dem Modellprojekt startete, war die Silcherschule um eine Teilnahme bemüht. Die Chance war günstig. „Wir hatten damals eine muslimische Lehrerin im Kollegium“, erinnert sich der Rektor Andreas Janositz. Doch dann wechselte die Frau aus familiären Gründen nach Köln, und Ersatz ließ sich nicht finden. Fünf andere Schulen im Land erhielten den Zuschlag.

Dabei war schon damals der Anteil muslimischer Schüler an der Silcherschule groß. Mittlerweile ist er noch gestiegen. Nach seinen Berechnungen gehören 37,8 Prozent seiner Grundschüler zur Zielgruppe eines muslimischen Religionsunterrichts, sagt Janositz. Damit bilden sie eine größere Gruppe als Katholiken und Protestanten. Weil nicht zuletzt durch Zuzüge aus Ostdeutschland die Zahl konfessionsloser Schüler gewachsen sei, stelle sich für ihn immer wieder ein Betreuungsproblem. „Wir versuchen so gut es geht, den Religionsunterricht in die Randbereiche des Stundenplans zu legen“, sagt Janositz. Aber das sei nicht immer möglich. Es wäre deshalb ein Gewinn, wenn die Schulen, wie geplant, bereits von der ersten Klasse an auch Ethikunterricht anbieten könnten. Bisher gibt es den erst ab Klassenstufe acht.

Auch die Bodenfeldschule wäre gerne dabei

Auch an der Bodenfeldschule in Göppingen liegt der Anteil muslimischer Schüler deutlich über 30 Prozent. Es wäre ein großer Vorteil, wenn diese Kinder islamischen Religionsunterricht in deutscher Sprache und nach staatlich anerkannten Bildungsplänen erhalten würden, sagt Arnold-Kunzweiler. Bei den Eltern herrsche großes Interesse. Die Schulkonferenz habe einstimmig den Antrag abgesegnet. „Wir wären gerne dabei.“

Wie vor zehn Jahren, dürfte auch jetzt die Personalfrage die größte Hürde darstellen. An den Pädagogischen Hochschulen in Ludwigsburg, Karlsruhe, Freiburg und Weingarten haben nach der offiziellen Statistik des Kultusministeriums in den vergangenen zehn Jahren 280 Männer und Frauen den Erweiterungsstudiengang Islamische Theologie und Religionspädagogik aufgenommen. Wie viele ihr Studium abgeschlossen haben, sei unbekannt.