Seit Wochen herrschten Spannungen zwischen Israels Regierungschef Netanjahu und seinem Minister Jaalon. Jetzt kam dieser seiner drohenden Entmachtung zuvor. Damit verliert die Regierungspartei Likud eine starke und zugleich moderate Stimme.

Jerusalem - Der israelische Verteidigungsminister Mosche Jaalon hat nach Spannungen mit Regierungschef Benjamin Netanjahu seinen Rücktritt angekündigt. Als Grund gab Jaalon mangelndes Vertrauen in Netanjahu an, wie er am Freitag auf Facebook schrieb. Seit Tagen hatten Gerüchte kursiert, Jaalon solle durch den Hardliner Avigdor Lieberman ersetzt werden. Netanjahu bedauerte den Rücktritt. Jaalon sagte seinerseits, „extreme und gefährliche Elemente“ hätten das Ruder in der regierenden Likud-Partei übernommen.

 

Jaalon erklärte, er trete aus der Regierung und der Knesset zurück und nehme eine politische Auszeit. In den vergangenen Wochen war es zwischen ihm und Netanjahu zu Konfrontationen gekommen, nachdem sich ein hoher Armeeangehöriger nach Meinung der Regierung kritisch über die Politik des Landes geäußert hatte. Netanjahu reagierte erbost. Jaalon verteidigte dagegen das Recht des Generals, seine Meinung zu äußern.

Durch Jaalons Rücktritt verliert die Regierung eine starke und moderate Stimme. Zugleich dürfte sich der Riss zwischen der Armee und den politischen Hardlinern vertiefen.

Vor Reportern sagte Jaalon, er habe die Sicherheit Israels und andere Interessen immer über seine eigenen gestellt. Doch habe er sich in den vergangenen Wochen mit dem Regierungschef und anderen Ministern in tiefe Dispute über moralische und fachliche Angelegenheiten verwickelt gesehen. „Zu meiner großen Bestürzung haben Extremisten und gefährliche Elemente Israel übernommen, auch die Likud-Partei, die nun am Haus rütteln und die Bewohner zu verletzen drohen“, sagte der ehemalige Generalstabstabschef.

Netanjahu bedauert Entscheidung

Netanjahu sagte, er bedauere die Entscheidung von Jaalon und hätte ihn gerne als Außenminister weiter im Kabinett behalten. Zugleich unterstrich der Premier, dass sich das Militär aus der Politik heraushalten müsse. Netanjahu erklärte ferner, die Kabinettsumbildung habe nichts mit den Meinungsverschiedenheiten zu tun. Vielmehr sei es eine Notwendigkeit, seine Regierungskoalition zu vergrößern, um Israel stabil gegen die großen Herausforderungen zu machen.

Der Regierungschef hatte Liebermans ultranationalistische Partei Yisrael Beitenu diese Woche eingeladen, seiner Koalition beizutreten. Damit würde er das von seinem konservativen Likud-Block geführte Bündnis stärken, das im Parlament nur über eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme verfügt. Zugleich würde eine solche Allianz aber auch die internationale Isolation Israels im Nahostkonflikt verstärken.

Für Spannungen zwischen Jaalon und Netanjahu hatte im März ein Zwischenfall an einem Kontrollposten im Westjordanland gesorgt. Dabei erschoss ein israelischer Soldat einen bereits verletzten palästinensischen Angreifer. Politische Hardliner hatten das Verhalten des Soldaten verteidigt, Militärführer kritisierten ihn aber dafür. Der Soldat muss sich derzeit für sein Handeln vor Gericht verantworten.

Der frühere Armeestabschef Jaalon hat sich durch sein militärisches Wissen großen Respekt erworben. Viele Israelis fragen sich, ob es weise sei, Lieberman für den sensiblen Posten des Verteidigungsministers zu ernennen. Der 57-jährige gilt als einer der polarisierendsten Politiker seines Landes, dessen harte Linie gegenüber Palästinensern und der arabischen Minderheit in Israel in der Vergangenheit Kritik im Ausland auslöste. So rief Lieberman etwa dazu auf, Bomben auf palästinensische Tankstellen, Banken oder Einkaufszentren abzuwerfen. Er hatte bereits eine Reihe von Ministerposten inne, darunter auch den des Außenministers.