Ein israelischer Soldat hat einen palästinensischen Attentäter mit einem Kopfschuss getötet, als dieser auf dem Boden lag.

Tel Aviv - Ein israelisches Militärgericht in Tel Aviv hat am Mittwoch den Soldaten Elor Azaria wegen Totschlags verurteilt. Azaria hatte Ende März 2016 den palästinensischen Attentäter Abdel Fatah Al-Sharif (21) in Hebron mit einem Kopfschuss getötet. Der Palästinenser lag zum Zeitpunkt des tödlichen Schusses bereits minutenlang verletzt am Boden und stellte nach Einschätzung der drei Richter keine unmittelbare Gefahr dar, wie israelische Medien berichteten. Das Strafmaß wird in den kommenden Wochen erwartet, die Höchststrafe liegt bei 20 Jahren Haft.

 

Verteidigung ist nicht glaubwürdig

Vor dem Gerichtsgebäude kam es unterdessen zu Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Mehr als zweieinhalb Stunden dauerte die Urteilsverkündung. Die drei Richter unter Vorsitz von Richterin Maja Heller sahen es als erwiesen an, dass Azaria den am Boden liegenden Mann grundlos erschossen hat. Wesentliche Argumente der Verteidigung wiesen sie als nicht glaubwürdig zurück. Unter anderem begründeten die Richter ihren Schuldspruch mit der Aussage mehrerer Zeugen, Azaria habe gesagt, Al-Scharif müsse getötet werden und verdiene es zu sterben.

Der tödliche Schuss Azarias ereignete sich nach einem Messerangriff zweier palästinensischer Angreifer auf einen israelischen Soldaten in Tel Rumeida, eine der jüdischen Siedlungen in Hebron. Der Soldat wurde bei dem Angriff leicht verletzt, ein Angreifer erschossen, der zweite, Al-Scharif, durch einen Schuss schwer verletzt. Was dann passierte, ist durch das Video eines Palästinensers dokumentiert, der den tödlichen Schuss von seinem Hausdach filmte. Als Sanitäter half Azaria, den verletzten Kameraden zu versorgen. Dann näherte er sich dem verletzten Al-Scharif, zielte auf dessen Kopf und schoß. Die Kugel, die Al-Scharif getötet hat, stammt laut Autopsie aus Azarias Waffe. Damit habe Azaria die Einsatzregeln ohne operative Rechtfertigung verletzt, hieß es in der Anklageschrift des Militärstaatsanwalts.

Angst vor Sprengstoff-Gürtel

Azaria rechtfertigte sein Handeln als Akt der Selbstverteidigung. Er habe Angst gehabt, der Palästinenser trage einen Sprengstoffgürtel am Körper. Hunderte Demonstranten blockierten während der Urteilsverlesung die Zufahrtsstraßen rund um das Armee-Hauptquartier in Tel Aviv sowie die benachbarte Ayalon-Schnellstraße. Sie forderten die Freilassung Azarias. Dabei kam es laut Berichten zu Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften. Zwei Demonstranten wurden festgenommen. Der Prozess löste in Israel eine kontroverse Diskussion aus, in welchen Fällen israelische Soldaten auf Palästinenser schießen dürfen. Nicht nur Palästinenser, auch viele israelische Menschenrechtsorganisationen hatten der Armee wiederholt vorgeworfen, zu schnell beim Einsatz von Schusswaffen gegen Palästinenser zu sein. http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.konflikt-in-israel-soldaten-erschiessen- palaestinenser-nach-messerattacke.6d86e0d0-0649-46fb-8580-e64d8749e1...