Eine Bärin will ihre Jungen schützen und greift einen Pilzsammler an. Die Attacke hat das ganze Trentino in Aufruhr versetzt, denn es war das erste Mal seit Jahren, dass in Italien ein Bär einen Menschen angriff. Nun wird heftig diskutiert.

Rom - Der Zwischenfall ereignet sich am 15. August: ein 38-jähriger Pilzsammler stößt in der Nähe von Pinzolo in der norditalienischen Provinz Trentino unversehens auf eine Bärenmutter mit zwei Jungen. Er versteckt sich zwar hinter einem Baum, wird aber von Daniza – so der Name der Bärin – trotzdem angegriffen: Das Muttertier, das seine Jungen verteidigen will, versetzt dem zu Tode geängstigten Mann zwei Prankenhiebe und beißt ihn in den Wanderschuh. Dann trollt sich Daniza mit ihren Kleinen davon.

 

Die Attacke hat das ganze Trentino in Aufruhr versetzt, denn es war das erste Mal seit Jahren, dass in Italien ein Bär einen Menschen angriff. Normalerweise werden bloß Bienenstöcke oder Schafe Opfer der großen Raubtiere, die sich hauptsächlich vegetarisch ernähren. Doch die Causa Daniza ist zum Politikum geworden. „Die Sicherheit der Bevölkerung im Trentino ist eine Priorität, zugleich muss das Programm zur Rettung der Bären in der Region fortgesetzt werden. Wir müssen dafür sorgen, dass Daniza keine Menschen mehr angreift“, schrieb das Römer Umweltministerium in einem Brief nach Trient.

Messner: Genug Bären im Nationalpark

Die Diskussion dreht sich darum, ob Daniza Täterin oder Opfer ist. Wäre sie ein sogenannter Problembär, könnte die Bärin laut Gesetz eingefangen oder gar abgeschossen werden. Hat sich Daniza dagegen normal und artgerecht verhalten, indem sie in einer (vermeintlichen) Gefahrensituation ihre Jungen beschützte, dann liegen die Dinge anders: Daniza genösse in diesem Fall wie alle anderen Braunbären in Italien und Europa den absoluten Schutz bedrohter Tierarten.

Hardliner wie der frühere Extrembergsteiger Reinhold Messner finden dagegen, die Bärenpopulation im Nationalpark Adamello-Brenta habe ihre Sättigungsgrenze erreicht. Im Trentino läuft seit 1999 das europäische Bärenauswilderungsprogramm „Life Ursus“. Inzwischen leben im Nationalpark etwa 50 Braunbären. Zusätzlich angeheizt wird die Diskussion durch einen neuen Fall: Ein Bär mit der Bezeichnung M4 hat auf einer Hochebene in den Dolomiten eine Kuh gerissen. M4 ist im Unterschied zu Daniza kein Ersttäter: Er hat bereits zwanzig Kühe und Esel getötet – und die Region Veneto schon 25 000 Euro Entschädigung für die betroffenen Viehhalter gekostet.