Auf der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) gaben sich die Teilnehmer optimistisch. Finanzminister Wolfgang Schäuble warnt allerdings vor einer aufkommenden Selbstzufriedenheit.

Washington - So viel Harmonie hat es lange nicht mehr gegeben. „Das war eine erfreuliche Frühjahrstagung“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum Abschluss des dreitägigen Treffens in Washington. Wenn die Finanzminister aus aller Welt jeweils im April und Oktober zur Sitzung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank zusammenkommen, ist das auch ein Stimmungsbarometer für die Lage der Weltwirtschaft. So gut war die Laune seit langer Zeit nicht mehr.

 

Die Ukraine-Krise beunruhigt zwar auch die Finanzminister, doch diese taten alles, um ihren russischen Kollegen Anton Siluanow einzubinden. Der Gesprächsfaden dürfe nicht abreißen, hieß es. Der Konflikt über die Ukraine soll die besseren Aussichten für die Weltwirtschaft nicht dämpfen. Das Signal in Washington ist eindeutig: Industrie- und Schwellenländer haken die Krise bei ihrem Treffen ab.

Vor allem die Europäer trafen auf ein Wohlwollen, das sie lange nicht mehr erlebt haben. In den vergangenen Jahren waren die europäischen Staaten dem Vorwurf ausgesetzt, sie täten zu wenig zur Lösung der Eurokrise. Dieser Meinung waren die USA, Japaner und Lateinamerikaner. Die Kritik ist verstummt. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, sprach von der Rückkehr des Vertrauens. „Die Erholung schreitet voran“, meinte er. Die Geldpolitiker müssten aber wachsam bleiben. Draghi deutete an, dass die EZB bei einer weiteren Aufwertung des Euro zu Gegenmaßnahmen greifen könnte. In diesem Fall sei eine weitere Lockerung der Geldpolitik möglich. In letzter Zeit kamen vor allem aus südeuropäischen Ländern Warnungen, wonach der starke Euro den Aufschwung gefährdet. Bundesbank-Chef Jens Weidmann sieht das gelassen. Der Eurokurs sei gestiegen, weil Kapital in die europäischen Krisenländer zurückkehrt, meinte Weidmann.

Schäuble: Europa ist noch nicht über den Berg

Einig sind sich alle Beteiligten, dass es in Europa aufwärts geht. Der IWF kommt in seinen Analysen zwar zum Schluss, dass das Wachstum in Europa insgesamt bescheiden ausfällt und sich der Bankensektor in labiler Verfassung befindet. Doch diese Bedenken wurden rasch zur Seite gewischt. Dass Griechenland wieder erfolgreich mit eigenen Anleihen auf den Kapitalmarkt zurückgekehrt ist, bereitet zufriedene Gesichter. Der Chef des europäischen Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, sieht die fünf Programmländer, die auf Hilfen des Rettungsfonds angewiesen waren und sind, als Gewinner von morgen. Der Reformkurs zeitige Wirkungen, lautet Reglings Urteil. Spanien, Portugal, Irland, Zypern und Griechenland hätten am meisten dafür getan, um sich fit für den internationalen Wettbewerb zu machen. Bei so viel Jubelstimmung in Washington waren vor allem die Deutschen bemüht, der Euphorie entgegenzutreten.

Europa sei noch nicht über den Berg, lautet Schäubles Mantra. Es gebe keinen Grund zur Selbstzufriedenheit. Der Bundesbank-Chef Jens Weidmann warnte vor Vorschusslorbeeren der Finanzmärkte. Dass die Investoren wieder Kapital in die Krisenländer lenkten, sei zwar erfreulich, aber Weidmann sieht auch Gefahren für die Stabilität, wenn große Fonds und Spekulanten auf eine zu rasche Erholung in den einstigen Krisenländern setzten. Auch Schäuble sieht in den Finanzmärkten Anzeichen für Übertreibungen.

Zur guten Stimmung in Washington trug bei, dass die Teilnehmer alte Streitpunkte ausklammerten. Die Amerikaner wiederholten nicht ihren Vorwurf, dass Deutschland mit seinen hohen Exportüberschüssen die Binnenkonjunktur ankurbeln müsse. Auch die Kritik der Schwellenländer, die von den Industriestaaten ein stärkeres Wachstum fordern, wurde dieses Mal nur in kleiner Runde vorgetragen. Im Gegenzug sind auch aus Deutschland keine Mahnungen mehr zu hören, die USA, Japan und Großbritannien sollten ihre Haushaltsdefizite schneller verringern. Einig sind sich die Teilnehmer, dass sich alle Staaten mehr anstrengen sollen, um zu wachsen. Bei genauem Hinsehen zeigt sich, dass der Wille zum Sparen in vielen Ländern erlahmt.

Im Fokus steht nun das Wachstum

In den Abschlusskommuniqués finden sich nur noch halbherzige Aufforderungen, die Haushalte zu konsolidieren. Dabei war die Sparpolitik unmittelbar nach der Finanzkrise einer der wichtigen Vorhaben der Industrieländer. Im Fokus steht nun das Wachstum. Die australische G-20-Präsidentschaft will die Mitgliedstaaten bis zum Herbst darauf verpflichten, dass jedes Land weitere Beiträge zum Wachstum leistet. Mit Reformen soll das globale Wachstum in den nächsten fünf Jahren um zwei Prozentpunkte zusätzlich steigen. Dafür soll jeder Staat ehrgeizige Pläne entwickeln. Weidmann ist zufrieden, dass es keine Planvorgaben für einzelne Staaten gibt. Daran war zuvor jedenfalls gedacht worden. Positiv sieht Weidmann auch, dass die Industrie- und Schwellenländer ihren Wohlstand mit Reformen erhöhen wollen.

Was darunter zu verstehen ist, darüber gehen die Meinungen allerdings weit auseinander. Weidmann ist dennoch guter Dinge. Er hofft, dass die Länder sich über ihre Erfahrungen mit Reformen austauschen und von erfolgreichen Beispielen lernen. Dass die Finanzkrise schon überstanden ist, glaubt Finanzminister Schäuble nicht. Die größte Gefahr sei die Annahme, die Probleme seien gelöst, sagte der Bundesfinanzminister..