Zum Jahreswechsel haben wir uns mit der Stammheimer Bezirksvorsteherin Susanne Korge zu einem Interview im Bezirksrathaus getroffen.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)
Stammheim – - Gut gelaunt empfängt uns die Stammheimer Bezirksvorsteherin zum Jahresabschlussinterview in ihrem Büro im Obergeschoss des Bezirksrathauses. Während des Gespräches geht es zwar auch um weniger erfreuliche Themen wie den Freihofplatz. Doch auch die ändern heute nichts an ihrer Laune. Schließlich weiß Susanne Korge als erfolgreiche Hobbyläuferin, dass im Leben nicht immer alles glatt geht. Die Hauptsache ist, dass man am Ende sein Ziel erreicht.
Frau Korge, was macht die Form?
Sie meinen die sportliche, die leidet momentan ein bisschen – mangels Zeit.
Wann sind Sie denn zum letzten Mal durch Stammheim gejoggt?
Das ist schon eine Weile her, aber vergangenes Wochenende war ich 79 Minuten auf den Feldern laufen, ganz bewusst dort, um abzuschalten. Denn wenn ich in Stammheim jogge, fällt mir immer etwas auf und dann bin ich doch eher dienstlich unterwegs.
Wie ist es denn sonst so gelaufen, im Jahr 2013?
Sie meinen dienstlich? Na, wie immer im Leben: Es ist eine Mischung, mal geht es auf und mal ab. Neben vielen Erfolgen gibt es auch Misserfolge. Wenn ich eine Bilanz ziehen würde, dann wäre sie positiv. Und ich hoffe, dass das meine Stammheimer auch so sehen.
Gab es für Sie ein besonderes Highlight?
Nein, das würde ich nicht so sehen. Es gibt einige Dinge, die auf einem guten Weg sind. Etwa dass die Park-Realschule voraussichtlich nach Stammheim kommt oder dass wir den Arbeitskreis Senioren gegründet und den Infotag für Senioren veranstaltet haben.
Das Thema Schule ist ja ein Dauerbrenner. Wie hoch schätzen Sie die Chancen ein, dass es eine weiterführende Schule im Ort geben wird?
Die Chancen sind gut. Die Park-Realschule hat in ihrer Gesamtlehrerkonferenz und Schulkonferenz beschlossen, dass sich die Schule auf den Weg nach Stammheim macht. Jetzt geht es darum, dass das Schulverwaltungsamt prüft, ob die Räumlichkeiten ausreichen, beziehungsweise was man mittelfristig alles bauen muss, um die Umzugspläne im Detail umzusetzen.
Auch der Gemeinderat muss noch zustimmen.
Davon gehe ich aus, dass er das tut. Es wäre dem Steuerzahler kaum vermittelbar, eine sanierungsbedürftige Schule zu sanieren und sie dann leer stehen zu lassen. Die Entscheidungen müssen im kommenden Jahr fallen. Umgesetzt würde das Vorhaben frühestens in zwei Jahren und dann sukzessive.
Es gibt ja in Stammheim ein neues Denkmal: die JVA. Was halten Sie davon, dass Hochhaus und Mehrzweckgebäude unter Denkmalschutz stehen?
Es wundert mich nicht, dass es zum Denkmal erklärt worden ist, ich sehe die Sache aber emotionslos und denke, jetzt wird abgewogen werden, ob es erhalten werden kann, ob das sinnvoll ist oder nicht. Ich gehe davon aus, dass schon geprüft worden ist, ob eine Sanierung wirtschaftlich wäre. Insofern rechne ich mit einem Abriss. Wahrscheinlich wird noch mehr dokumentiert werden, das finde ich auch richtig. Und ich fände es auch schön, wenn das eine oder andere dann im Haus der Geschichte zu sehen sein wird.
Deutlich älter als die JVA ist das Bezirksrathaus. Da gab es in diesem Jahr Klagen wegen der mangelnden Barrierefreiheit. Wie ist der Stand der Dinge?
Ich hoffe sehr, dass das Rathaus als übernächstes an der Reihe ist, wenn es darum geht, es barrierefrei zu machen. Als erstes kommt Wangen dran. Aber danach in zwei Jahren sollte es Stammheim sein. Den Treppenlift kann man vergessen, man kommt weder in den ersten noch in den zweiten Stock.
Leidiges Thema ist auch der Freihofplatz. Dort werden sich die großen Pläne mit Neubau und Vollsortimenter nicht verwirklichen lassen, weil ein Grundstücksbesitzer bislang nicht verkaufen wollte.
Es ist bedauerlich, dass es die große Lösung nicht geben wird. Wir sind aber weiter dran, möglichst eine kleine Lösung ohne Vollsortimenter zu entwickeln. Der Platz ist eine Schande, das muss man einfach sagen.
Kommen wir zu erfreulicheren Themen: der Neubau der Feuerwehr in den Hochwiesen.
Da sieht es so gut aus, dass wir mit dem Thema nicht mal mehr in den Bezirksbeirat gehen müssen. Im Januar wird direkt im UTA und im Gemeinderat der Satzungsbeschluss gefasst. Dann könnte es 2014 losgehen und Ende 2015 fertig sein.
Was passiert mit dem Magazin und Gemeindehaus, wenn die Feuerwehr draußen ist?
Es soll ein Bürger- und Familienzentrum geben. Wir haben Planungsmittel beantragt, um dies zu klären und ein Konzept zu erarbeiten. Erste Frage ist: Abriss oder Sanierung? Dann sollen die Bürger beteiligt werden und es soll einen oder mehrere Workshops geben. Das dritte wird dann die Machbarkeitsstudie sein. Es macht keinen Sinn, das Gebäude in der jetzigen Nutzung weiter zu betreiben, es ist eine Energieschleuder und wir brauchen mehr Räumlichkeiten.
Wie sieht es mit dem Neubaugebiet Langenäcker-Wiesert aus – haben Sie Sorge, dass es nach Steinkauz und Wildbienen zu weiteren Verzögerungen kommt?
Nein, dort sind wir auch auf einem sehr guten Weg. Im Januar wird auch hierzu der Satzungsbeschluss im Gemeinderat gefasst. Es sind 320 Wohneinheiten geplant und ich hoffe, dass 2016 die Bagger rollen. Bis Ende 2017 könnten dann die ersten Familien einziehen. Was Kauz und Bienen betrifft, finde ich gut, dass alle Belange geprüft worden sind. Die Ämter haben sich damit sehr viel Arbeit gemacht und die Bedenken mit eingearbeitet. Das ist auch wichtig.
Außer diesem gibt es zahlreiche kleinere Bauvorhaben im Bezirk.
Stimmt. Bis Ende 2014 werden 51 neue Wohnungen gebaut, bis Ende 2015 kommen etwa 80 weitere dazu. Und nur vereinzelt müssen Gebäude deswegen abgerissen werden.
Der Bedarf ist da?
Auf jeden Fall. Fast täglich bekommen wir Anfragen, ob es Objekte zum Mieten oder Kaufen gibt. Stammheim ist schön, Stammheim ist grün. Wir haben einen Stadtbahnanschluss. Es lebt sich gut im Außenbereich. Auch ich lebe sehr gern in Stammheim.
Ende des Jahres wurden Plätze für neue Flüchtlingsunterkünfte in Stuttgart gesucht. Stammheim ist nicht dabei. Warum?
Ich denke, es war ein Zufall. An die Grundstücke wurden ganz bestimmte Anforderungen gestellt: Es mussten städtische Grundstücke sein, die im Grunde sofort bebaut werden können. Das hat man sicherlich auch für Stammheim geprüft und kein geeignetes Grundstück gefunden. Dazu kommt, dass wir in Stammheim, bezogen auf die Einwohnerzahl, immer einen sehr hohen Anteil an Flüchtlingen aufgenommen haben. Wir haben ja nach wie vor zwei Flüchtlingsunterkünfte im Stadtbezirk.
Ein anderes, mitunter problematisches Klientel sind Jugendliche im Stadtbezirk. Seit einiger Zeit gibt es einen Straßensozialarbeiter. Wie bewerten Sie seine Arbeit?
Herr Sluiter ist sehr, sehr aktiv. Hut ab, was der Mann arbeitet. Er würde ganz dringend Unterstützung benötigen, doch wie es aussieht, gibt es für eine weitere 50-Prozent-Stelle erst mal kein Geld. Das ist mehr als bedauerlich, das ist schon fatal.
Inwiefern?
Prävention ist das A und O. Und wir haben leider etliche junge Heranwachsende im Bezirk, die kriminell sind. Das geht über einen Ladendiebstahl hinaus, da geht es unter anderem um Delikte wie Körperverletzung. Das hat schon eine Dimension, die mir Sorge bereitet.
Schauen wir auf die Senioren. Die sind im vergangenen Jahr in den Fokus gerückt.
Wir haben in Stammheim bereits eine sehr gute Kinder- und Jugendarbeit und eine gute Vernetzung der Einrichtungen. Daraus ergab sich für mich die Frage, warum wir das nicht auch für Senioren machen. Trotz Personalproblemen konnten wir uns dank der Ehrenamtlichen sowie der Mitarbeit eines Praktikanten des Themas annehmen. So wurde der Arbeitskreis Senioren eingeführt und nur so war es möglich, den Infotag für Senioren zu veranstalten. Dabei präsentierten sich rund 30 Firmen und Einrichtungen an Infoständen im Luise-Schleppe-Haus, dazu gab es mehrere Fachvorträge für Senioren in der Schlossscheuer. Die Resonanz war sehr positiv, der Wunsch nach einer Neuauflage vorhanden. Wir werden das sicher wieder machen, aber wegen des hohen Aufwandes eher erst in zwei Jahren – mehr können wir nicht stemmen.
Neu ist auch das Heimparlament im Luise-Schleppe-Haus, was ist sein Zweck?
Es dient der Mitbestimmung der verschiedenen Gruppen, die sich in einem Pflegeheim aufhalten und die dort tätig sind. Neben den Angestellten und Bewohnern sind das zum Beispiel auch die Ehrenamtlichen oder Angehörigen. Jeder, der Interesse hat, kann beim Heimparlament mitmachen. Getagt wird vier Mal im Jahr. Wir sind sehr stolz darauf, dass es dieses Gremium gibt.
Was haben Sie sich für 2014 vorgenommen?
Wir werden an den bestehenden Projekten weiterarbeiten. Viele sind keine Selbstläufer, da muss man sich drum kümmern. Wenn man was anstößt, muss man auch dabei bleiben. Ich denke, man darf sich nicht zu viel vornehmen. Ein besonderes Anliegen sind mir die Neubürger. Es gibt Taschen für jeden Neubürger mit Infomaterial. Ich wünsche mir, dass wir die Taschen durch die Hilfe der Vereine und Institutionen mit Leben füllen. Schön wäre, einen Neubürger-Empfang auf die Beine zu stellen, vorausgesetzt, wir haben genug Personal. Es gibt eben Pflicht und das ist Kür.
Wie sehen Ihre Vorsätze für 2014 aus?
Ich habe keine Vorsätze. Ich versuche, kontinuierlich zu arbeiten. Wünsche hätte ich schon: etwa dass wir mehr Personal bekommen und etwas mehr machen können als nur die Pflicht. Und da wir in Stammheim durch das gute Miteinander viele Mitstreiter haben, kann man auch viel bewegen. Das finde ich toll und dafür möchte ich mich auch bei den vielen Stammheimern, die sich einbringen, bedanken.