Am 24. August 2015 ist eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Weissach im Tal in Flammen aufgegangen. Am Jahrestag haben die Gemeinde und viele Einwohner demonstriert, dass Toleranz und Weltoffenheit im Ort die Oberhand haben.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Weissach im Tal - Der ernste Hintergrund für die Aktion vor dem Weissacher Romboldareal wird fast vergessen angesichts der fröhlichen Kinder, die quirlig im Schatten einer Hecke auf ihren Einsatz warten. Um 11 Uhr sollen ihre Ballons starten, an deren Bändel sie Karten mit Wünschen geknotet haben. Anlass ist der Jahrestag des Brandanschlags auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft, die jenseits der Straße gestanden hat. Mittlerweile ist die Brandruine abgebrochen worden.

 

Das Bild des brennenden Hauses wurde zum Symbol für „Dunkeldeutschland“

„Das Foto des brennenden Hauses war natürlich ein guter Hintergrund für alle Arten der Berichterstattung, sei es als Titelbild von Zeitschriften oder in Nachrichtensendungen“, sagt der Bürgermeister Ian Schölzel. Mit den bunten Ballons soll gezeigt werden, dass Weissach nicht Dunkeldeutschland ist, wie damals zu dem Foto getitelt wurde, sondern im Gegenteil eine bunte, toleranten Gesellschaft beherbergt.

„Wir haben zurzeit 124 Flüchtlinge hier in der Gemeinde und 60 bis 70 Ehrenamtliche, die sich um sie kümmern“, sagt Schölzel. Ein Verhältnis, dass sich doch sehen lassen könne. Von der Initiative für Integration sind einige Mitstreiter gekommen, um den Aktionstag mit zu beginnen. „Wir haben die Initiative aus gutem Grund so genannt, denn wir haben in Weissach nicht nur Flüchtlinge, sondern auch Menschen, die aus Osteuropa zu uns gekommen sind und sich ebenfalls integrieren wollen“, sagt Ilse Bitzer, die lange Jahre im Gemeinderat war und wie Bernd Hecktor zu den ersten Mitgliedern der Initiative zählt. Hecktor hat im vergangenen Jahr bereits einen Tag nach dem Anschlag eine Kundgebung mit mehr als 500 Teilnehmern organisiert.

Eine Wolke bunter Ballons steigt in den Himmel

Der Bürgermeister, die Kinder und die erwachsenen Teilnehmer zählen schließlich laut bis fünf und lassen dann die Ballons los. Diese fliegen an dem imposanten Kamin der früheren Rombold-Fabrik in den strahlend blauen Himmel. „Was für ein schönes Bild“, sagt eine Frau, die den bunten Boten hinterherschaut. Auf den Karten haben die Kinder allerhand gemalt, was sie sich wünschen. Von Regen, Sonnenschein und einem neuen Haus ist alles dabei, sogar ein Schwein wird begehrt. „Ob ein echtes oder ein Stoffschwein, das ist nicht ganz klar“, sagt eine Erzieherin vergnügt. Der Wunsch nach einem neuen Haus soll aber noch dieses Jahr in Erfüllung gehen. Auf dem Gelände beginnen demnächst die Arbeiten an einem Gebäude, in das bis zum Jahresende 24 Personen einziehen sollen.

Ein Eiswagen ist auf das Gelände bestellt worden, ganz zur Freude der Kinder. Diese beginnen zusammen mit Bernd Hecktor auf Fensterläden des zerstörten Hauses ihre Hand- und Fingerabdrücke mit Farbe zu hinterlassen. „Ihr werdet sehen, die unterscheiden sich – wie Menschen – kaum voneinander“, sagt Hecktor.

Bürgermeister Schölzel ist vor einem Jahr im Urlaub von dem Brandanschlag in seiner Gemeinde überrascht worden. Dieses Jahr sind er und das Rathaus vorbereitet und an der Organisation des Aktionstages maßgeblich beteiligt. „Es läuft zwar bei uns wie überall nicht alles rosarot, doch dank der Hilfe vieler läuft es gut“, betont Schölzel am Abend während einer Kundgebung am selben Platz. Mit den Besuchern vom Vormittag haben rund 100 Personen am Aktionstag teilgenommen. „Wir werden die Situation meistern“, ist Schölzel sicher.