Konstantin Kuhle, Vorsitzende der Jungen Liberalen, blickt optimistisch auf die Verhandlungen für die mögliche Koalition in Berlin.

Berlin - Die Sondierungsgespräche zur Jamaika-Koalition sind in vollem Gang. Die Jugendorganisationen der Parteien dürften die zweite am meisten angespannte Gruppe im Land sein. Wir haben mit ihren Vertretern über Gemeinsamkeiten, Differenzen und Aussichten gesprochen. Diesmal: Konstantin Kuhle, Vorsitzende der Jungen Liberalen (JuLis) und kürzlich gewählter Bundestagsabgeordnete der FDP.

 
Herr Kuhle, was sind für die Jungen Liberalen die wichtigsten Themen bei den Jamaika-Sondierungen?

Der erste Punkt ist Bildung. Bundesländer sollten für die Bildungspolitik zuständig bleiben, aber am Ende der vier Jahre muss mehr Geld ins Bildungssystem geflossen sein.

Der zweite Punkt ist Digitalisierung. Dieses Land muss in diesem Bereich schneller und moderner werden.

Wo sehen Sie Übereinstimmungen mit den Grünen?

Eigentlich sehen sowohl die Grünen als auch die Union, dass das Thema Digitalisierung wichtig ist. Die Frage ist, was das konkret bedeutet. Wie man zum Beispiel den Ausbau der digitalen Infrastruktur finanziert. Da glaube ich, sind wir den Grünen ein Stück weit näher als der Union. Es wird darauf ankommen, dass die Grünen und die FDP gemeinsam die Union davon überzeugen, dass man möglicherweise die staatlichen Anteile an der Deutschen Telekom veräußert, um den Netzausbau zu finanzieren. Das ist ein gemeinsamer Vorschlag von FDP und Grünen, und ich finde, da muss man der Union Druck machen.

Die Übereinstimmungen mit den Grünen liegen ansonsten vor allem im Bereich der Gesellschaftspolitik. Zum Beispiel bei Bürgerrechten. Wir sind der Auffassung, dass der Staat gut ausgestattet sein muss, dass wir genügend und vernünftig ausgerüstete Polizisten brauchen - aber wir brauchen nicht immer wieder neue Gesetze, die zur Einschränkung der persönlichen Freiheiten führen. Ich könnte mir vorstellen, dass man das Netzwerkdurchsetzungsgesetz abschafft, das gerade von der großen Koalition eingeführt worden ist. Oder dass man sich den Staatstrojaner mit Blick auf die Privatsphäre nochmal anschaut.

Wo sehen Sie die größten Streitpunkte mit der Union und den Grünen?

Mit den Grünen ist es auf jeden Fall Energie. Wir wollen keine starren Jahresgrenzen bei der Frage, wann oder ob der Verbrennungsmotor in Deutschland nicht mehr zugelassen werden kann. Das halten wir für Wahnsinn, wenn das die Politik einfach festlegt.

Wo sind die Streitpunkte mit der Mutterpartei?

Wir haben uns immer mal wieder an verschiedenen Stellen gestritten. Bei der Abschiebung nach Afghanistan haben wir gegenüber der FDP-Führung verloren. Als es innerhalb der FDP den Vorschlag gab, die doppelte Staatsangehörigkeit einzuschränken, haben wir uns allerdings durchgesetzt. In der Flüchtlingspolitik gab es öftermals Punkte, die ich anders gesehen habe als Christian Lindner. Zum Beispiel, als er einen Duldungsstatus für Flüchtlinge einführen wollte. Da haben wir als Junge Liberale gesagt: „Duldung ist das Gegenteil von Integration, das können wir uns nicht vorstellen.“ Die Partei hat es dann aber als subsidiären Schutz konkretisiert, was mich schon mehr überzeugt hat. Wir Junge Liberale wollen arbeiten, wir wollen wirklich etwas verändern. Daher binden wir uns in den Programmprozess der FDP ein. Am Ende respektieren wir dann aber auch das Ergebnis.