Erstmals findet bei den Jazz Open ein Konzert in der Domkirche statt. Stadtdekan Christian Hermes und Veranstalter Jürgen Schlensog sprechen in einem geistig-geistlichen G2-Gipfel über das Zustandekommen dieses Auftritts und über Gott, Jazz und die AfD.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Am Freitag beginnen die Jazz Open in Stuttgart. Erstmals findet bei dem Festival auch ein Konzert in der Domkirche S. Eberhard statt. Zu dem Auftritt kommt es, weil sich Stadtdekan Christian Hermes bei den Jazz Open im vergangenen Jahr über Gitarrengott David Gilmour beschwert hatte. Gilmour hatte bei seinem Konzert 40 Minuten überzogen. Veranstalter Jürgen Schlensog trat daraufhin seinen Gang nach Canossa zu Monsignore Hermes an, um sich zu entschuldigen. Da wurde die Idee zum Konzert in der Kirche geboren. Im Interview sprechen die beiden über Träume, Ängste und Darth Vader.

 
Herr Schlensog, glauben Sie an Gott?
Schlensog: Ja.
Wann waren Sie zuletzt in der Kirche?
Schlensog: Erst vor kurzem, in der Kirche schlechthin, im Petersdom zu Rom.
Hermes (lacht): Eins zu null für ihn.
Schlensog (ernst): Die Reise hat mich tief beeindruckt.
Was hat Sie so beeindruckt?
Schlensog: Da nimmt man einen großen Teil der jüngeren Menschheitsgeschichte mit.
Und wenn Sie nicht gerade strebermäßig nach Rom pilgern: Wann waren Sie zuletzt in Stuttgart in der Kirche?
Schlensog: Vor einem Jahr ungefähr, in der Leonhardskirche. Da die gegenüber vom Bix ist, habe ich es nicht ganz so weit.
Herr Hermes, wie viel Gott steckt im Jazz?
Hermes: Ich hatte schon Angst, dass Sie mich fragen, wann ich zuletzt in der Kirche war. Gute Musik führt uns immer über uns hinaus in eine Sphäre, die auch von der Religion berührt wird. Gerade beim Jazz kommt bei der Genese eine stark religiös geprägte Komponente hinzu.
Und wann waren Sie zuletzt auf einem Jazz-Konzert?
Hermes: Jedes Jahr bei den Jazz Open, wegen der Nähe zu St. Eberhard, und dabei muss ich nicht mal Eintritt bezahlen! Allerdings ist die Akustik da nicht immer ideal. Darüber hinaus schaffe ich es nicht so oft auf Konzerte. In meiner Abiturzeit war ich aber freier Mitarbeiter der „Badischen Neuesten Nachrichten“, in Gernsbach gab es einen Jazz-Keller. Da habe ich in Unkenntnis der Materie darüber geschrieben.
Sie haben also nichts gegen David Gilmour persönlich.
Hermes: Überhaupt nicht! Er hatte nur eine Lightshow geplant, die den Sonnenstand im Sommer nicht bedacht hat, daher zog sich das Konzert länger hin. Daraus entstand der Anlass, aus dem Herr Schlensog und ich uns kennen gelernt haben.
Das müssen Sie erklären.
Schlensog: Eigentlich müssen wir um 22.30 Uhr den Spielbetrieb einstellen. Ich habe es aber nicht übers Herz gebracht, Herrn Gilmour den Stecker zu ziehen. Also haben wir überzogen. Daraufhin habe ich einen deutlichen Kommentar vom Ordnungsbürgermeister bekommen, verbunden mit dem Hinweis, dass auch der Monsignore sich beschwert hat. Bürgermeister Schairer meinte zu mir, ,treffen Sie sich mit dem, der ist wie Sie, nur katholisch‘.
Sie hatten dann keine Angst vor Ihrem Gang nach Canossa?
Schlensog: Ich war mir ziemlich sicher, dass ich nicht nackten Fußes vor der Kirche warten müssen würde.
Hermes: Herr Schlensog hat mir einen solch hinreißenden Brief geschrieben. Da konnte ich zu einem Treffen gar nicht nein sagen.
Ihre Qualitäten als Briefeschreiber sind weniger bekannt, Herr Schlensog. Stuttgarts Konzertveranstaltern nennen Sie eher „Darth Vader“. Man sagt, Sie würden kein „Nein“ akzeptieren.
Schlensog: Ich nehm’s vorsichtshalber mal als Kompliment. Ich bin in der Lage, um mein Anliegen zu kämpfen, wenn ich denke, dass es in der Sache richtig ist. Wir versuchen, mit den Jazz Open ein Kulturereignis zu veranstalten, bei dem wir die weltoffene Gesellschaft pflegen. Es gibt nichts Völkerverbindenderes als Musik.
Hermes: Diese Ansicht teile ich!