Die Heumadenerin Ulrike Demmel unterstützt als Jobpatin ehrenamtlich Menschen in einer beruflichen Notlage. Und das obwohl sie mit dieser Arbeit sonst eigentlich ihr Geld verdient.

Heumaden - Der kreative Chaot ist ein gutes Beispiel sagt Ulrike Demmel. Ihn hat die Heumadenerin kürzlich als ehrenamtliche Jobpatin (siehe Infobox) beraten. Der Mann ist über 50 und war sein Leben lang selbstständig. Er ist künstlerisch und sprachlich sehr begabt, sein Geld verdiente er aber mit allerlei unterschiedlichen Jobs – vom Hausmeister bis zum Verkäufer. Irgendwann brachen die Aufträge ein, der finanzielle Druck wuchs und auch der familiäre. Demmels Lösungsansatz: Er muss weg von „Ich kann alles“, seine Stärken erkennen und gezielt anbieten. „Heute hat er eine Festanstellung“, sagt sie.

 

Seit Mitte 2013 ist Ulrike Demmel Jobpatin für Menschen in beruflicher und finanzieller Not. Letzteres sei die einzige Voraussetzung für jene, die sich um die ehrenamtliche Hilfe bewerben. „Jemand, der Kohle hat, kann sich einen Coach kaufen“, sagt Demmel. Die Paten finden ihre „Coachies“, wie Demmel sie nennt, in einer bundesweiten Datenbank der Initiative.

Schüchternheit ist ein Hindernis

Die Fälle seien total unterschiedlich. Meist seien die Coachies aber entweder sehr jung, „etwa Anfang 20“ oder schon über 50 Jahre alt, sagt Demmel. Zweites Beispiel ist eine junge Frau, die nach der Ausbildung nicht übernommen worden ist. Sie hatte einen Beruf gelernt, der im digitalen Zeitalter nicht mehr oft zu finden ist. „Die Frau war so schüchtern, sie hätte am liebsten von zu Hause gearbeitet“, erzählt die Patin. Mit dieser Einstellung sei es denkbar schwer, eine neue Stelle zu finden. „Wenn sich jemand bewirbt und schon unter der Türschwelle reinkommt, stehen die Chancen schlecht“, sagt Demmel. In Rollenspielen hat sie die junge Frau zum Beispiel auf provokante Fragen von Personalern vorbereitet. Auch sie hat wieder eine Festanstellung.

Eines gelte für alle Coachies gleichermaßen, sagt Demmel: „Ich kann sie nicht verbessern, sie können sich nur selbst verbessern.“ Manche würden denken, sie bekämen etwas geschenkt, wollen dafür aber nichts tun, es mangle ihnen an Elan. So funktioniere es aber nicht. „Ich erarbeite mit den Coachies ihre Stärken und Schwächen sowie ihre Ziele“, erklärt Demmel. Etwas daraus machen müssen sie selbst.

Beratung in privaten wie auch beruflichen Dingen

Das Besondere an Ulrike Demmels Situation ist, dass sie als Patin genau das ehrenamtlich leistet, was auch ihr Beruf ist: Sie ist selbstständige Beraterin und Logotherapeutin, berät Menschen in privaten, aber eben auch beruflichen Dingen. Dass sie ehrenamtlich eine Arbeit leistet, für die sie sonst Geld bekommt, stört sie aber nicht. Im Gegenteil: Sie findet es sehr hilfreich, dass sie durch ihre berufliche Ausbildung ganz genau weiß, was sie tut.

Zu dem Ehrenamt gekommen ist Ulrike Demmel, weil die Initiative direkt bei ihr angefragt hat. Da sich ihr vorheriges Ehrenamt gerade erledigt hatte, sagte sie sofort zu. „Ich habe eine gute Ausbildung genossen, dafür bin ich dankbar. Nun kann ich etwas zurückgeben an Leute, denen es nicht so gut geht wie mir“, erklärt Demmel ihre Motivation.

Den sicheren, gut bezahlten Job einfach aufgegeben

Ihr Credo ist, dass sie nur in Dingen beraten kann, mit denen sie sich auskennt. Da spielt die eigene Scheidung für die Paarberatung eine Rolle sowie eine unangenehme Erfahrung als Vermieterin für die Messie-Beratung. Und ihr eigener beruflicher Umschwung für die Beratung in Jobangelegenheiten. Lange Jahre arbeitete Ulrike Demmel bei IBM unter anderem im Produktmanagement. Sie war in der ganzen Welt unterwegs, arbeitete in Russland oder Florida. „Ich wollte die Welt sehen, das war mein Lebenstraum“, sagt sie. Für diesen hat sie auf eine eigene Familie verzichtet.

Irgendwann sei jedoch der Punkt gekommen, an dem sie merkte, dass die Kollegen in ihrem Bereich nicht älter wurden, sie hingegen schon. „Der Reiz war weg“, sagt sie. Recht spontan gab sie die gut bezahlte, sichere Stelle auf und machte vier Jahre lang eine Coaching- und eine Logotherapie-Ausbildung. Geholfen hat ihr damals niemand. „Coaches wie mich gab es noch nicht“, sagt sie. Seit zehn Jahren ist Ulrike Demmel nun selbstständig. Und kennt die Formel, wie es funktioniert: Man kann nicht verbessert werden, man kann sich nur selbst verbessern.