Der Pleidelsheimer Steinbildhauer und Künstler Jörg Failmezger feiert im Juni seinen 70. Geburtstag mit einer Retrospektive, die von Donnerstag an im Kreishaus zu sehen ist.

Pleidelsheim - Die 70 Jahre, die der Steinbildhauer und Künstler Jörg Failmezger seit dem 10. Juni auf dem Buckel hat, sieht man dem dynamischen und braun gebrannten Schaffer nicht an. Sport und die tägliche Arbeit in der Werkstatt halten den Pleidelsheimer fit. Dazu die „gute Pflege“ seiner Frau Barbara, die ihm Müsli und Tee zum Frühstück reicht. „Ich bin hier der Schaumschläger“, scherzt Failmezger, als er den Cappuccino serviert.

 

Mit Humor und Leidenschaft geht der Steinbildhauer auch seine Arbeiten an. Grabsteine, der Hauptinhalt der seit 1873 bestehenden Werkstätte, die jetzt sein Sohn Till in der fünften Generation weiterführt, fertigt Jörg Failmezger immer in Kenntnis der Person an, für die der Stein einmal stehen soll. Die Skulptur soll einen wichtigen Aspekt versinnbildlichen wie besondere Eigenschaften, Hobbys oder für den Glauben stehen.

Die Erdgeschichte ist sein Mikrokosmos

Großes Augenmerk legt der freischaffende Künstler auf die Auswahl der Steine. „Das ist für mich ein absolut lebendiges Material.“ Wenn Jörg Failmezger unterwegs ist, wie in der finnischen Tundra oder an der Nordsee, schaut er sich die Natur immer genau an. Ein Flechtenstein oder Findlinge aus der Eiszeit enthalten für den Künstler „die ganze Erdgeschichte in einem Mikrokosmos. Zeitsteine, die schon 350 Millionen Jahre alt sind, sind Geschenke aus der Natur“.

Der künstlerische Blick paart sich mit handwerklichem Können. Eine solide Ausbildung als Steinmetz, die er 1968 als Bundessieger abgeschlossen hat, Studien an der Schule für Gestaltung in Luzern und an der Fachschule München mit dem Abschluss Steinbildhauermeister und Steintechniker brachten das nötige Wissen, um Findlinge nicht nur in ihrer Form, sondern auch in ihrer Robustheit beurteilen zu können. „Ich mache die Klangprobe, um zu testen, ob der Stein gesund ist.“ Eine andere Möglichkeit ist das Benetzen mit Wasser. „Wo’s länger feucht bleibt, ist eine Schadstelle.“

Auch auf Abraumhalden ist er unterwegs

Steine findet Failmezger nicht nur in der Natur, sondern auch in Abraumhalden oder im hintersten Winkel eines Steinbruchs: ein wunderschön blau leuchtender Azul-Quarzit aus Brasilien, den er „aus den Brennnesseln geborgen hat“, oder ein Trachyt, den er beim Künstlersymposium im tschechischen Barockkloster Tepla bei einer Fahrradtour gefunden und mit einem klapprigen Lastwagen noch abtransportiert hat, „kurz bevor der Steinbruch zugemacht wurde“.

Aus dem Stein ist ein mit Zähnen bewehrtes Ei entstanden (Bild), das die mehr als 600 Jahre alte Geschichte „Der Ackermann und der Tod“ versinnbildlicht. „Es haben alle Dinge Teil in meiner Arbeit, von der Zeugung über die Geburt bis zum Tod. Der Glaube, dass im Tod nicht alles zu Ende ist, ist für mich die Essenz allen Seins.“

Der Künstler beobachtet die Natur

Die wesentliche Inspiration seiner Arbeit erhält Jörg Failmezger in der Beobachtung der Natur. Die Enkelkinder haben im gemeinsamen Urlaub in das Skizzenbuch geschrieben: „Du hast uns die Augen für die Kunst in der Natur geöffnet.“ Wenn eine Blume aufbricht und eine harte Frostnacht sie zerstört, „dann ist das für mich eine erstarrte Schönheit“, sagt Failmezger. Zeichnungen wie eine Radierung einer Magnolienblüte im Verfall sind ebenso Bestandteil der Ausstellung im Kreishaus wie rund 20 Skulpturen sowie Studien seiner Arbeiten zur Platzgestaltung. Mit den Modellen wie zum Rathausbrunnen in Pleidelsheim wird erst „gespielt“, bis sich die endgültige Gestaltung entwickelt. Spiegelungen ins Positive und Negative ergeben immer wieder neue Anschlüsse. Kontraste von weich-organisch bis technisch-hart faszinieren den Künstler, wie sie auch im „Ackermann-Ei“ verwirklicht sind.