„Jogginghose ist nicht gleich Jogginghose“, sagt die Stilberaterin und Kostümdesignerin Birgit Utz. Sie widerspricht nicht nur Karl Lagerfeld, sondern findet auch ein Verbot in Lokalen nicht zeitgemäß: „Ich würde mit einer geilen Jogginghose sogar in die Oper gehen.“

Stuttgart - Modepapst Karl Lagerfeld irrt. „Zumindest in seinem Urteil über die Jogginghose uns deren Träger“, sagt die Stilberaterin und Kostümdesignerin Birgit Utz. Einst sagte der Mann mit Zopf:

 

Wer Jogginghosen trage, habe die Kontrolle über sein Leben verloren. „So ein Quatsch“, meint die Mode-Expertin, „das mag vielleicht auf manche Herren zutreffen, die mit der Acryl-Jogginghose im Supermarkt einkaufen, aber grundsätzlich haben sich die Zeiten geändert.“ Tempi passati. Tatsächlich reichen die Ursprünge der Jogginghose in die 1920er-Jahre zurück. „Damals hat der Hutmacher Émile Camuset mit seiner Marke Le Coq Sportif diesen Style erfunden“, sagt Utz. Der Franzose wollte den Herren mehr (Bein-)Freiheit- und Bewegungsfreiheit beim Sport geben und habe so das Laisser-faire in die Gesellschaft gebracht.

Stuttgart braucht wie immer länger

Was vor rund hundert Jahren einer Revolution gleichkam, sei nun „absolut gesellschaftsfähig“. „Denn Jogginghose ist nicht gleich Jogging-Hose“, sagt die Stilberaterin. Sie widerspricht damit nicht nur Karl Lagerfeld, sondern findet auch ein Verbot in Lokalen wie etwa dem Café le Theatre nicht zeitgemäß. Stefan Gauß, Inhaber des Stuttgarter Cafés „Le Theatre“ hatte mit seinem Aushang„We say no to Sweatpants“ („Wir sagen nein zu Jogginghosen“) bundesweit Aufmerksamkeit erregt. Selbst in Berlin und Hamburg hatten Zeitungen das Thema aufgegriffen. Gauß hatte aber auch darauf hingewiesen, dass es ihm eher um ein gepflegtes Äußeres seiner Gäste als um die Jogginghose ging. Birgit Utz hat an dem Kleidungsstück jedenfalls nichts auszusehen: „Ich würde mit einer geilen Jogginghose sogar in die Oper gehen. Wir leben doch nicht mehr im Zeitalter des Korsetts.“ Vorausgesetzt die Machart und das Design stimmen. „Nicht zuletzt kommt es auf die Haltung des Trägers an“, sagt sie. Beispiele für die etwas andere Jogginghose gebe es in der Modewelt genug: „Sally LaPointe, Fenty X Puma, Haider Ackermann, Joseph oder Off-White by Virgil Abloh.“ Aber mit Stuttgart und den Trends sei es eben so eine Sache: „In Stuttgart dauert es halt immer ein bisschen länger, bis sich ein Trend durchsetzt. Und wenn er dann mal Fuß gefasst hat, ist er in den Modemetropolen schon wieder durch.“