Die Projektgegner stören sich an der Vergangenheit des Stuttgart-21-Befürworters und Pfarrers Johannes Bräuchle.

Lokales: Christine Bilger (ceb)
Stuttgart - Ruhe und Frieden sollen die Schlichtungsgespräche in den aufgewühlten Diskussionen über Stuttgart 21 bringen. Einer, der für die Befürworter am Runden Tisch sitzt, hat schon oft das Gegenteil in seinem Umfeld ausgelöst: der Pfarrer Johannes Bräuchle von der Initiative Prosit. "Für Ruhe bin ich der Falsche", bekennt Bräuchle. Das hat der Theologe in der Vergangenheit mehrfach bewiesen.

An der letzten Wirkungsstätte als Gemeindepfarrer waren während Johannes Bräuchles Amtszeit tiefe Gräben entstanden. Die Kirchengemeinde in Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) brauchte lange, um sich davon zu erholen. Im zuständigen Dekanat in Ditzingen stehen dicke Ordner der Akte Bräuchle, die sich in den Jahren 1993 bis 1997 gefüllt hatten. "Erst nach fünf Jahren sagten die Leute, die Spaltung sei vorbei", sagt Bräuchles Nachfolger in Markgröningen, Traugott Plieninger. Was damals in dem Städtchen geschah, wird von Stuttgart-21-Gegnern im Internet aufgegriffen: "Der Hassprediger, der in kurzer Zeit seine Gemeinde in Markgröningen gespalten hat", liest man bei "politblogger".

"Markgröningen war eine schöne Zeit"


Aus Johannes Bräuchles Sicht sieht das ganz anders aus: "Markgröningen war eine wunderschöne Zeit. Es gab nur eine überschaubare Gruppe, die nicht wollte, dass ich bleibe", sagt der unruhige Geistliche. "Er hat den Kirchengemeinderat übergangen und war tyrannisch gegenüber Mitarbeitern", sagt ein Markgröninger Protestant, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.

Ein Beispiel dafür sei die Planung des Gemeindehauses gewesen. Nach Bräuchles Weggang wurde das alte verkauft und damit der Neubau finanziert. Bräuchle habe den Verkauf nicht gewollt und das gegen den Willen des Gremiums durchdrücken wollen, "obwohl es Beschlüsse gab", berichtet der Markgröninger. Hätte Bräuchle weiter gewaltet, "wäre das finanziell eine Katastrophe gewesen".

Es waren nicht vorrangig Sachfragen, die die Christen entzweiten. Es sei "die Art, sich über gewachsene Strukturen hinwegzusetzen", gewesen, sagt der Kirchenrat Walther Strohal. Er kennt Johannes Bräuchle seit langem. Als Dekan in Ditzingen musste Strohal während und nach Bräuchles Zeit in Markgröningen wieder Ruhe in die Gemeinde bringen.

"Für manche Aussagen, gehört er eigentlich gerügt"


Bräuchle wiederum schiebt die Ablehnung, die ihm in Markgröningen "von einigen wenigen" aus dem Umfeld des CVJM entgegengeschlagen sei, auf seine "unkonventionelle Art. Ich ziehe mit der Stadtkapelle durch den Ort, sitze bei Festen am Biertisch und predige dort", sagt er. Das war einigen, die bis dahin das Gemeindeleben mitgestaltet hatten, bitter aufgestoßen. "Wenn Bräuchle in das Festzelt kam, hörte die Kapelle auf, und es kam die Durchsage: Hier kommt unser Pfarrer Bräuchle. Er fühlte sich als König von Markgröningen", sagt ein Gemeindemitglied, und "so führt er sich jetzt in Stuttgart wieder auf".

Das öffentliche Eintreten des evangelischen Theologen für Stuttgart 21 als Prosit-Gründer beobachtet man an höherer Stelle aufmerksam. "Für manche Aussagen, die er da tätigt, gehört er eigentlich gerügt", sagt der Kirchenrat Werner Strohal. Der Landesbischof Frank Otfried July hat klargestellt, dass Bräuchle nicht im Namen der Kirche spreche.