Bei der Sanierung des zweiten Abschnitts der Johannesstraße soll manches besser werden als beim ersten, bei dessen Planung noch der Geist der Auto-Ära wehte, wie die SPD im Bezirksbeirat West mutmaßt.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-West - Nach einer langem Planungs- und Wartephase ist vor einem Jahr in der Johannesstraße ein sanierter Musterabschnitt eröffnet worden. Die ehemals als Prachtstraße angelegte und in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigte Straße hat dadurch eine Aufwertung erfahren. Allerdings ist nun der Wunsch laut geworden, beim nächsten Sanierungsabschnitt ein paar Dinge besser zu machen.

 

Bereits vor sieben Jahren hatte die Stadt beschlossen, die Johannesstraße zwischen Johanneskirche und Ludwigstraße herzurichten. Dieses Ende der Johannesstraße, hinter der Johanneskirche, war im vergangenen Jahr endlich saniert worden. Mit 350 000 Euro aus der Stadtentwicklungspauschale (Step) wurden Gehwegflächen umgestaltet, die Bäume neu eingefasst, der gepflasterte Reitweg erneuert, die Parkplätze geordnet und die Kreuzung Johannes-/Ludwigstraße ist für Fußgänger verbreitert worden. Die abgehängte Beleuchtung über der Straßenmitte wurde durch Laternen auf dem Gehweg ersetzt. Zuletzt kamen noch die Bänke und Spielgeräte hinzu, die nun den Gehweg säumen.

Geist der Auto-Ära

Die SPD-Fraktion im Bezirksbeirat Stuttgart-West hat jüngst angeregt, die Verwaltung solle prüfen, inwieweit Verbesserungen „im Sinne einer stärkeren Orientierung am historischen Vorbild“ für den zweiten Abschnitt der Neugestaltung der Johannesstraße gegenüber dem fertiggestellten Musterabschnitt zwischen Gutenberg- und Ludwigstraße möglich sind. Denn die SPD-Fraktion mutmaßt, dass noch der alte Abgaswind wehte, als der erste Abschnitt geplant wurde: „Da die Finanzierung des Musterabschnitts mit dem schmalen Budget der Step-Mittel auskommen musste, zeichnet der Musterabschnitt die autogerechte Straßengestaltung der 1970er Jahre nach“, heißt es im Antrag. „Die Möglichkeit, die Struktur des historischen Straßenprofils noch mehr zu stärken, den Flaniercharakter der ehemals nobelsten Straße Stuttgarts zu fördern, erscheint nicht hinreichend ausgeschöpft.“ Dies könnte nun im zweiten Sanierungsabschnitt nachgeholt werden.

Zunächst sollten die Sitzgelegenheiten künftig anstatt sie zur Fahrbahn oder zu den Hauswänden auszurichten, um 90 Grad gedreht werden, damit, wer dort sitzt, seine Blicke in die Johannesstraße schweifen lassen kann. Des weiteren beantragte die SPD einige kleine optische Veränderungen. So sollte die Bordsteinkante durch einen kleinen Höhenunterschied abgegrenzt werden, um die unterschiedlichen Funktionen der Flächen hervorzuheben.

Shared Space

Der Prüfantrag der Fraktion wurde im Gremium verhalten aufgenommen. Am ehesten noch leuchtete den Bezirksbeiräten ein, dass man künftig die Bänke so aufstellt, dass die Leute in die Straße gucken können. Das hatten sich auch befragte Anwohner gewünscht. Ansonsten wurde argumentiert, dass man die Vorgehensweise bereits ausführlich im Bezirksbeirat diskutiert habe und dabei auch gemeinsam zu einem Ergebnis gekommen sei. Trotzdem erhielt der SPD-Antrag eine knappe Zustimmung. Die Verwaltung wurde beauftragt, zu prüfen, ob die genannten Verbesserungen gegenüber dem ersten Musterabschnitt umsetzbar sind.

Die Johannesstraße ist nach der 1876 eingeweihten, neugotischen Kirche benannt, die ihr südliches Ende begrenzt. Die Straße wurde nach den Plänen von König Wilhelm I. als Prachtboulevard angelegt. Ursprünglich war sie wohl nur am Rand gepflastert. Die Straßenmitte dürfte gleichberechtigt von allen Verkehrsteilnehmern genutzt worden sein. Mit der fortschreitenden Industrialisierung verdichtete sich der Verkehr. In der Folge wurde der kopfsteingepflasterte Reitweg, der im Musterabschnitt rekonstruiert wurde, angelegt. Auf der Fläche mussten sich fortan Fußgänger und Reiter arrangieren, die Mitte blieb den Fuhrwerken vorbehalten.