Statt 32 Millionen soll der Neubau der John-Cranko-Schule am Urbansplatz nun 50 Millionen Euro kosten. Im Stuttgarter Rathaus will man ein Scheitern des gemeinsamen Projekts mit dem Land nicht mehr ausschließen.

Stuttgart - Der Kulturszene in der Landeshauptstadt bleibt derzeit nichts erspart. Nach dem Sanierungsdebakel beim Stuttgarter Staatsschauspiel (die StZ berichtete) droht nun das nächste Projekt finanziell und zeitlich aus dem Ruder zu laufen. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung wird der geplante Neubau der John-Cranko-Schule am Urbansplatz sehr viel teurer als bisher kalkuliert. Das Thema wird auch den Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater auf seiner Sitzung am Mittwoch beschäftigen.

 

Im vergangenen Jahr hatten Stadt und Land, die die Neubaukosten jeweils zur Hälfte tragen sollen, auf Drängen der Stadt vereinbart, einen externen Projektsteuerer hinzuzuziehen, der die Kostenschätzungen der Münchener Architekten Burger und Rudacs (rund 32 Millionen Euro ohne Ausstattung) für die Ballettschule überprüfen sollte. Nach StZ-Recherchen kommen die beauftragten Projektsteuerer von Drees & Sommer in einer Expertise zu dem Schluss, dass der Neubau nicht unter 50 Millionen Euro zu haben ist. Die Prognose geht sogar eher noch weiter nach oben.

Stadt hat vor Kostensteigerung gewarnt

Für die Stadt kommt die Kostensteigerung nicht völlig aus heiterem Himmel. Schon in der Vergangenheit hatten städtische Bauexperten darauf hingewiesen, dass das Budget für das ambitionierte Projekt, das unter Federführung der Staatlichen Hochbau- und Vermögensverwaltung gebaut werden soll, kaum eingehalten werden könne. Im vergangenen Jahr hatten der damalige OB Wolfgang Schuster, der Finanzbürgermeister Michael Föll und die Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann bei Gesprächen mit der Behörde, die dem Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) untersteht, eine Vereinbarung durchgesetzt, wonach die Kosten die Schwelle von 32 Millionen Euro nicht überschreiten dürfen.

Susanne Eisenmann bestätigte auf StZ-Anfrage, dass sie und OB Fritz Kuhn vor kurzem vom Land über die neue Kostenprognose informiert worden seien. „Damit haben wir ein weiteres Problem“, so die Kulturbürgermeisterin. Zu den Gründen wollte sie sich zunächst nicht äußern. Im Verwaltungsrat müsse man nun gemeinsam nach Einsparmöglichkeiten suchen.

Warum sind die Kosten explodiert?

Die Gespräche zwischen Stadt und Land über den Bau eines Instituts für den Ballettnachwuchs bis 2016/2017 auf dem 9200 Quadratmeter großen Areal zwischen Wera- und Urbanstraße waren ohnehin von Anfang an kompliziert. Teil des Deals zwischen den Finanzierungspartnern war es, dass die Stadt der Staatlichen Vermögensverwaltung die Hälfte des Areals abkaufen sollte. Bei den Preisvorstellungen lagen Stadt und Land allerdings bis zuletzt weit auseinander: Während das Land bis zu 700 Euro pro Quadratmeter verlangte, ging die Stadt für die Gemeinbedarfsfläche von einem Quadratmeterpreis von 20 Euro aus.

Über die Ursache für die aktuelle Kostenexplosion wird heftig spekuliert. Wie zu erfahren war, bescheinigt der Projektsteuerer der Hochbauverwaltung des Landes, von völlig unrealistischen Grundannahmen ausgegangen zu sein. Zudem seien offenbar auch verschiedene Details bei der Kostenkalkulation nicht berücksichtigt worden. Ein deutlicher Seitenhieb auf die Landesbehörde und insbesondere den Leiter der Abteilung Vermögen und Bau, den Ministerialdirigenten Thomas Knödler.

Das Scheitern des Vorhabens wird nicht mehr ausgeschlossen

Der Spitzenbeamte, der auf Landesseite auch die Gespräche mit der Stadt über den Bau der Cranko-Schule geführt hat, steht, wie berichtet, wegen seiner Rolle beim Schlamassel um die Sanierung des Staatstheaters offenbar vor der Versetzung oder gar Abberufung. Bemerkenswert ist, dass der Landesrechnungshof in seinem Prüfbericht über die Pannen bei der Sanierung des Schauspiels just das bemängelt hatte, was nun auch Drees & Sommer in Bezug auf die Cranko-Schule kritisiert – dass nämlich die Planung von Anfang an völlig unrealistisch gewesen sei. Mittlerweile wird im Stuttgarter Rathaus auch ein Scheitern des Vorhabens nicht mehr ausgeschlossen.

Beim Finanz- und Wirtschaftsministerium wollte man sich zu der Kostenexplosion am Montag nicht äußern, die Zahlen wurden allerdings auch nicht dementiert. Eine Sprecherin des Ministeriums verwies auf die Sitzung des Verwaltungsrats am Mittwoch und kündigte im Anschluss an das Treffen eine Pressekonferenz an.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn sagte am Dienstag gegenüber der StZ: „Die Kostenschätzung von 50 Millionen Euro plus X ist schockierend. Das geht weit über das hinaus, was ursprünglich angesetzt war. Darüber müssen wir mit dem Land reden und werden dies auf der anstehenden Verwaltungsratssitzung auch tun.“