Im Interview spricht der österreichische Schriftsteller über Terrorismus, Pädophilie und das Überleben des Tsunamis in Thailand.

Stuttgart- Josef Haslinger ist immer schon meinungsstark gewesen: Seine Bücher sind politisch, und in der U-Bahn legt er sich mit Neonazis an. Ein Gespräch über Literaturlehrer, Terrorismus, Pädophilie und das Überleben des Tsunamis in Thailand.

Herr Haslinger, Sie haben in Leipzig eine Professur für literarisches Schreiben inne. Aber kann man literarisches Schreiben überhaupt an der Universität lernen?


In voller Montur ist nur Athene aus dem Kopf des Zeus gesprungen. Alle anderen haben das, was sie machen, irgendwie erlernen müssen. Ein Studium kann dabei behilflich sein. Es ist vielleicht nicht für jeden das richtige Mittel, um Schriftsteller zu werden, aber für manche doch. Der Erfolg unserer Absolventen zeigt, dass dieses Studium eine sinnvolle Sache ist.

Manche verbinden mit einem Leben als Bestsellerautor die Vorstellung, die Winter in Südostasien und die Sommer an einem See in Österreich zu verbringen. Weshalb tun Sie sich einen Job an, der Ihre dauerhafte Anwesenheit in Leipzig erfordert?


Die Vorstellung des reisenden Schriftstellers entspricht einem exzeptionellen Lebenstraum, ich hingegen führe eher ein stinknormales Leben und bin damit im Großen und Ganzen zufrieden, denn die wahren Abenteuer sind ja bekanntlich im Kopf. Ich bin in diese Lehrtätigkeit hineingewachsen, und sie macht mir Spaß. Jetzt habe ich halt eine zweigespaltene Existenz, die nicht ganz einfach zu handhaben ist, weil mir die Lehrtätigkeit für größere Schreibprojekte keine Zeit lässt. Um das "Vaterspiel" zu schreiben, habe ich in Leipzig zwei Jahre ausgesetzt. Aber auch bei meiner Lehrtätigkeit habe ich mit kreativen literarischen Prozessen zu tun, und ich bilde mir ein, dass mich das auch bereichert.

In altruistischer Form?


Nein, ich halte nicht so viel von Altruismus. Und eine Tätigkeit, die bezahlt wird, ist ohnehin nicht altruistisch.

Ihr Bestsellerroman "Opernball" liest sich wie ein Thriller, Ihr "Vaterspiel" ist mühsamer. Ist diese stilistische Vielfalt etwas, das Sie Ihren Studenten vermitteln wollen?


Mehr der Gedanke der steten Weiterentwicklung. Ich hatte nach dem "Opernball" das Gefühl, dass ich so ein Buch gleich wieder schreiben könnte. Aber es schien mir nicht sinnvoll. Ich wollte für mich neues Terrain erobern. So ist es auch jetzt, wenn ich ein Projekt beginne: Ich habe nicht vor, irgendwelchen schon erreichten Schemata zu folgen. Das Leben ist ja nicht allzu lang, und da hat es keinen Sinn, sich in Wiederholungen zu ergehen - ich habe keine Zeit totzuschlagen.