Vor einem halben Jahrhundert hat das Bundeskabinett beschlossen, die Stiftung Warentest einzurichten. Ihr Urteil entscheidet über Verkaufserfolg oder Flop. Doch in jüngster Zeit werden die Testmethoden kritisch beäugt.

Stuttgart - Für Ihre Nachtruhe schlafen wir uns seit 1970 durch Tausende Betten.“ So salopp kündigt die Stiftung Warentest im Inhaltsverzeichnis des Septemberhefts „Test“ ihren jüngsten Matratzentest an. Und weist damit im Jahr ihres 50. Bestehens dezent auf ihren großen Erfahrungsschatz hin – immer im Dienst des Verbrauchers, versteht sich.

 

Die Liste der geprüften Waren ist lang und die Bandbreite groß. Sie reicht von Autowaschanlagen bis zum Zahnersatz und enthält durchaus kuriose Produkte wie Schreckschusswaffen, aufblasbare Schlitten, Tätowierfarben und Kondome. Aber auch Dienstleistungen gehören zum Testprogramm der Stiftung. Damit folgt sie ihrem Auftrag: Als am 16. September 1964 die Bundesregierung die Einrichtung der Stiftung Warentest beschlossen hatte, geschah dies, „um die Marktübersicht bei Waren und Dienstleistungen zu verbessern und damit gleichzeitig den Wettbewerb zu fördern“, wie es in einem aus diesem Anlass in der Stuttgarter Zeitung erschienenen Bericht hieß.

Zwei Jahre an Vorbereitungen und Auseinandersetzung

Vorangegangen war diesem Beschluss eine knapp zweijährige Zeit der „Vorbereitungen und Auseinandersetzungen“, so der Bonner StZ-Korrespondent. Bereits am 9. Oktober 1962 hatte der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer in einer Regierungserklärung die Einrichtung der Stiftung mit Sitz in Berlin angekündigt. Ihr ausschließlicher Zweck: „Die Öffentlichkeit über objektiv feststellbare Merkmale des Nutz- und Gebrauchswertes von Waren und Leistungen zu unterrichten, die überregional in grundsätzlich gleichbleibender Beschaffenheit und in einer zu ihrer Identifizierung ausreichenden Weise angeboten werden“. Zur Sicherung der Unabhängigkeit sollte die Finanzierung ausschließlich aus öffentlichen Mitteln erfolgen. Gleichwohl sollte die öffentliche Hand beim Testen nicht mitwirken, lautete der Auftrag.

Das sichert Unabhängigkeit und ist bis heute so geblieben. „Wir kaufen anonym im Handel, nehmen Dienstleistungen verdeckt in Anspruch“, heißt es auf der Rückseite eines jeden Testhefts. Und weiter: „Wir testen mit wissenschaftlichen Methoden in unabhängigen Instituten nach unseren Vorgaben.“ Gerade die strengen Vorgaben verursachen immer wieder Verdruss, insbesondere wenn namhafte Hersteller schlechte Noten kassieren. Im vergangenen Jahr gab es zum Beispiel Ärger wegen E-Bikes. Die Stiftung hatte eine ganze Reihe von Produkten wegen gebrochener Fahrradrahmen und Lenker sowie zu schwachen Bremsen mit dem vernichtenden Qualitätsurteil „mangelhaft“ bedacht. Auch das Stuttgarter Unternehmen Bosch kam nicht gut weg, weil sein Elektromotor bei der elektromagnetischen Verträglichkeitsprüfung durchgefallen war.

Hersteller schimpfen über „katastrophalen Prüfaufbau“

Darauf hin setzten sich einige der betroffenen Hersteller zur Wehr. Sie warfen der Stiftung einen „katastrophalen Prüfaufbau“ und „fehlerhafte“ Interpretationen der Testergebnisse vor. Ein bisschen ruderte die Stiftung daraufhin zurück und korrigierte ihre Aussage zur elektromagnetischen Prüfung. Dabei seien zwar Grenzwerte überschritten worden, doch die ursprünglich angenommene Störung der Funkdienste von Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen erscheine unwahrscheinlich, so die Stiftung damals. Die betroffenen Hersteller indes scheinen ihre Lektion gelernt zu haben. Beim jüngsten, im August 2014 veröffentlichten Test musste kein einziges Modell mehr mit der Note „mangelhaft“ bewertet werden – 2013 waren es neun von 16 geprüften Rädern gewesen.

Beim neuen Test habe man an den hohen Anforderungen festgehalten, betonte die Stiftung Warentest. Wie üblich habe man vor den Untersuchungen ein Expertengespräch durchgeführt – mit Verbraucherschützern, unabhängigen Sachverständigen und Industrievertretern. Mit dabei seien auch Experten von Firmen gewesen, deren Bikes beim letzten Test durchgefallen waren.

Tests führen zu generellen Verbesserungen

Die E-Fahrräder sind ein gutes Beispiel dafür, dass Tests der Stiftung auch zu einer generellen Verbesserung von Produkten führen – und so unabhängig von Qualitäts- und Preisvergleichen den Verbrauchern nutzen. Die sind auch nach wie vor an den Testergebnissen von jährlich mehr als 200 Waren und Dienstleistungen interessiert, wie die Verkaufszahlen der Warentest-Publikationen zeigen: „Test“ kommt auf 455 000 Exemplare, „Finanztest“ auf 229 000. Damit bringen die beiden Hefte mehr als zwei Drittel der Stiftungseinnahmen. Doch die Auflagen bröckeln – von der fast einen Million „Test“-Hefte nach der Wiedervereinigung kann die Stiftung nur noch träumen. 2012 schrieb sie rote Zahlen – inzwischen geht es ihr aber wieder besser. Dazu trägt auch das Geschäft im Internet bei, das zunehmend Geld in die Kassen der gemeinnützigen Stiftung mit ihrem Jahresetat von etwa 50 Millionen Euro spült.

Gleichwohl kommt Eigenwerbung seit Langem ein hoher Stellenwert zu. Dies dürfte mit ein Grund dafür sein, dass sich die Tester immer mal wieder ungewöhnlichen Objekten zuwenden. Der im Januar 2006 veröffentliche Stadion-Test im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft ist ein gutes Beispiel. Er zeigte teilweise gravierende Mängel etwa bei den Fluchtwegen auf. Wieder einmal wiesen die meisten Stadionbetreiber die Kritik zurück und beklagten sich über eine angeblich schlampige Arbeit der Tester. Geholfen hat der Test am Ende aber doch: Es wurden viele Mängel abgestellt. Mangelhafte Ergebnisse werden auch von den Prüfern nicht auf die leichte Schulter genommen. So wird zunächst ein weiterer Test gemacht. Und wenn es zu anderen Ergebnissen kommt, erfolgt ein weiterer Test. Dazu werden neue Produkte nachgekauft. Aber die weisen dann nicht selten ebenfalls gravierende Mängel auf.

An Schulnoten wird festgehalten

Wie geht es weiter? Hubertus Primus, seit 2012 Vorstandsvorsitzender der Stiftung, will an den Schulnoten von „sehr gut“ bis „mangelhaft“ festhalten. Ausbauen will er dagegen die Aktivitäten im Internet. So will man sich verstärkt Datenbanken zum Auffinden von Produkten widmen und hier der wachsenden Konkurrenz von Internetportalen mit Preisvergleichen und Kundenbewertungen Paroli bieten.

Unabhängige Stiftung

Kabinettsbeschluss
Am 16. Dezember 1964 brachte eine Beschluss der Bundesregierung die Stiftung Warentest auf den Weg.

Gründung
Am 4. Dezember 1964 beschloss der Bundestag, in Berlin die privatrechtlich organisierte Stiftung Warentest zu gründen.

Publikationen
Die Testergebnisse werden in der seit 1966 erscheinenden Zeitschrift „Test“ sowie seit 1991 in „Finanztest“ veröffentlicht. Hinzu kommen Sonderheft und Bücher zu ausgewählten Themen. Zunehmend ist die Stiftung auch im Internet aktiv.

Finanzierung
Zur Unabhängigkeit trägt vor allem der Verkauf der anzeigenfreien Testhefte und Testbücher bei. Seit 2012 soll ein erhöhtes Stiftungskapital mehr Erträge liefern. Als Ausgleich für den Verzicht auf Werbeeinnahmen erhält die Stiftung Mittel vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Für Weiterbildungstests stellt zudem das Bundesbildungsministerium Geld bereit. Nach Angaben der Stiftung entsprechen die gesamten Zuwendungen derzeit 13,7 Prozent des Gesamtetats, der bei 50 Millionen Euro liegt.

Tests
Seit der Gründung hat die Stiftung in mehr als 5400 Tests 92 500 Produkte und 2360 Dienstleistungen geprüft.