Vor zehn Jahren wurde der IWS Immobilienverband Stuttgart gegründet. Die Interessenvertretung ist mittlerweile eine feste Größe in der Landeshauptstadt.

'Stuttgart ist und bleibt, trotz aller Schwankungen des Marktes, eine der teuersten Städte der Bundesrepublik', charakterisiert Karlheinz Jäger, Leiter des Stadtmessungsamtes Stuttgart, schon im Jahr 2002 auf einer Pressekonferenz des Gutachterausschusses der Stadt die Lage. - In der Gaststätte 'Trollinger' im Stuttgarter Westen sitzen zur gleichen Zeit vier Herren zusammen und philosophieren bei einem Glas Wein darüber, wie die Interessen der Immobilienwirtschaft in Stuttgart gebündelt und besser wahrgenommen werden könnten. Harald Alber, Peter Brenner, Jörg W. Schaible und Helmut K. Schiek ärgern sich nämlich schon eine ganze Weile darüber, dass die Landeshauptstadt trotz ihrer Bedeutung in den bundesweiten Rankings der großen Immobilienbüros überhaupt nicht wahrgenommen wird.

 

Zwei Jahre später, am 30. September 2004, kommt es zur Gründung des Vereins IWS Immobilienwirtschaft Stuttgart, der sich als 'Sprachrohr der Immobilienwirtschaft' in der Region Stuttgart positionieren will. 'Der Anfang war schwierig', gibt Peter Brenner, Gründungsmitglied und heutiger Vorstandsvorsitzender des IWS, freimütig zu. 'Wir wurden kritisch und als Konkurrenz zu anderen Immobilien-Organisationen betrachtet.' Doch in den zurückliegenden zehn Jahren sei viel Wasser den Neckar hinuntergeflossen. Während der Verein in den ersten Jahren eher im Hintergrund agierte, präsentiert er sich heute in der Öffentlichkeit als selbstbewusste Interessenvertretung mit 132 Mitgliedern aus allen Bereichen der Immobilienwirtschaft. In der breiten Öffentlichkeit bekannt wurde der Verein vor allem durch seinen IWS Award - den 'Oskar der Immobilienbranche in der Region'. Die im zweijährigen Turnus stattfindende Veranstaltung zeichnet 'herausragende' Immobilienprojekte aus der Region aus.

Im Visier standen zunächst "weniger Bürokratie"

Der Preis versteht sich dabei nicht als Architektur- , sondern als Objektpreis, der unterschiedlichste Kriterien berücksichtigt, erklärt Anke Stadelmeyer, im Vorstand für die Organisation des Preises zuständig. Zu den jüngsten Preisträgern des Awards gehören neben dem Bülow Quartier in Stuttgart auch das Zentrum für Virtuelles Engineering (ZVE) des Fraunhofer-Instituts IAO, Stuttgart, das Hugo-Boss-Bürogebäude D 15 in Metzingen und die Friedel-Lofts in Bad Cannstatt. Im Visier des Vereins standen in den Anfangsjahren zunächst Themen wie 'weniger Bürokratie' und 'schnellere Genehmigungsprozesse bei kleinen wie großen Bauprojekten'. Denn trotz einer 'investorenfreundlichen Rathausspitze' beklagte sich die Branche schon damals über schleppende Bauverfahren - vor allem bei kleineren Projekten.

Die Kritik an den Ämtern war für damalige Verhältnisse 'ein Paukenschlag', konstatierte damals die Presse. Noch nie hatte bis dahin jemand die Dinge so laut und deutlich beim Namen genannt und die Verwaltung so offen kritisiert. Zu groß bislang die Angst einzelner Bauherren, bei künftigen Bauvorhaben noch schlechtere Karten zu haben. Aber auch in Sachen Selbstvermarktung bekam die Stadt den neuen Wind aus der Immobilienwirtschaft zu spüren. Nachdem die Königsbau-Passage für den Mipim-Award nominiert war und die Verwaltung keine Anstalten machte, das Thema für die Stadt werbewirksam auszuschlachten, hagelte es deutliche Kritik seitens des Verbandes. Ein paar Jahre später musste der IWS wieder bei der Stadt intervenieren, nachdem die Branche sich über den 'peinlichen' Auftritt auf der weltgrößten Immobilienmesse, der Mipim in Cannes, beklagte.

Ein Blick über die Stadtgrenzen Stuttgarts

Seitdem organisiert der IWS gemeinsam mit der städtischen Wirtschaftsförderung den Messeauftritt. 'Wir haben uns nicht immer nur Freunde gemacht', erinnert sich Brenner rückblickend. Vor allem die 'durchaus berechtigte Kritik' des IWS am Stuttgarter Innenentwicklungsmodell Sim sei im Rathaus nicht gut angekommen. Mittlerweile hätten sich aber hier die Wogen wieder geglättet, zumal die Verwaltung in dem einen oder anderen Punkt bei Sim Verbesserungen angekündigt habe. So scheint sich auch das Verhältnis zum Stuttgarter Oberbürgermeister zu normalisieren. Während vor einem Jahr Fritz Kuhn noch recht unverhohlen der Immobilienwirtschaft den Rücken zukehrte, sieht der IWS jetzt deutliche Annäherungen beim Stadtoberhaupt. 'Der OB hat erkannt, dass die großen Themen der Stadt, wie der Wohnungsmangel, ohne uns nicht gelöst werden können', so Brenner. Schließlich wollten beide das Gleiche: eine lebenswerte Stadt der Zukunft. Beim IWS schaut man aber längst über die Stuttgarter Stadtgrenzen hinaus.

'Die Regionalisierung des Verbandes auf die fünf Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr-Kreis ist für uns eine große Aufgabe und Herausforderung', betont dabei Olaf Scholz, verantwortlich im Vorstand für die weitere Regionalisierung des IWS. Dazu muss jetzt aber erst einmal das Logo des Vereins mit dem Stuttgarter Rössle überarbeitet werden. Solange das Bestandteil sei, tue sich der eine oder andere Wirtschaftsförderer aus der Region mit dem IWS schwer, merkt Helmut K. Schiek, der ehrenamtliche Geschäftsführer des IWS, schmunzelnd an. - Während der IWS sein zehnjähriges Bestehen im September feiert, wird einer fehlen. Jörg W. Schaible, Gründungsvater, erster Vorsitzender und Ehrenvorsitzender, verstarb im Jahr 2013 nach schwerer Krankheit.