Bei der Gala „Celebrate Musical“ zum 20. Geburtstag des SI-Centrums in Stuttgart ließ es Stage Entertainment im Palladium Theater richtig krachen. Fazit: eine Super-Show.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Jubiläumsfeiern können bekanntlich ziemlich öde sein. Was aber Stage Entertainment am Montagabend zum 20. Geburtstag des Möhringer Musicaltheaters geboten hat, das war ein Riesenknaller – ein großer, bunter, knalliger, swingender, höchst unterhaltsamer Abend, vollgepackt mit allem, was den Fans das Genre so lieb und teuer macht: gute Musik, klasse Solisten, tolle Songs. Nein, da gibt es eigentlich wirklich gar nichts zu meckern.

 

Sehr angenehm: die Begrüßungs- und Bejubelungsreden waren kurz und knackig und gleich am Anfang schnell überstanden. Uschi Neuss, die Geschäftsführerin von Stage Entertainment Deutschland, erinnerte an die Verdienste des im Mai verstorbenen Unternehmers Rolf Deyhle, dem Stuttgart seinen nationalen Musicalrang neben Hamburg und Berlin zu danken hat. Und der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn machte deutlich, dass auch ein Grüner – Anfang der neunziger Jahre zählte die Partei zu den Kritikern des Vergnügungsprojektes in Möhringen – inzwischen die Verdienste dieses Kulturortes anzuerkennen versteht.

Aber dann kam die Hauptsache: die Musik. Der große Knaller des Abends: ein wunderbar großes Orchester mitten auf der Bühne, Streicher, Bläser, Schlag- und Rhythmusexperten in einer Zahl, wie es sich gehört, das alles noch unter Leitung des seit Jahr und Tag formidablen Stage-Musikdirektors Klaus Wilhelm – wie in den besten Tagen des Genres ließ er zur ganz großen Ouvertüre aufspielen. Das Knattern des Hubschraubers aus „Miss Saigon“, der Eröffnungspremiere von 1994, ging über in Leitmotive der beiden ersten Produktionen, eben „Saigon“ und „Die Schöne und das Biest“.

So schöne Shows würde man gern öfter hier sehen

Leah Selos Santos, Valerie Link, Pia Douwes, Sabrine Weckerlin, Lana Gordon und Mark Seibert präsentierten danach Songs aus immerhin zwölf der insgesamt 18 Produktionen, die in Stuttgart bisher zu sehen waren. Mit Schmelz und Schmackes die großen Schmachtnummern aus dem „Phantom“ und „Tarzan“, daneben und nur zu Gitarre und Klarinette „Ich gehör nur mir“ aus „Elisabeth“ (natürlich umjubelt: Pia Douwes), mit großer Stimmwucht und Power wie im Popkonzert „Somebody to love“ aus“We will rock you“ und „Total Eclipse“ aus „Tanz der Vampire“ (bei großer Stimme: Sabrina Weckerlin). Den kompliziertesten Part des Abends hatte wahrscheinlich Mark Seibert, der als einziger männlicher Solist in den einzelnen Nummern nicht nur alle Herrenparts übernehmen musste (perfekt übrigens, echt smarter Typ), sondern in kleinen Interiews seinen Kolleginnen auch noch allerlei Anekdoten aus vergangenen Stuttgarter Tagen entlockte. Kann man sich vorstellen, dass in einem Besetzungs-Notfall Valerie Link einst mit dem Privatjet aus ihrem Urlaub in Spanien zur „Wicked“-Vorstellung nach Möhringen eingeflogen wurde? Aber so war’s. Der kleine Theater-Alltags-Wahnsinn – und stets im Dienst des Publikums.

Summa summarum: ein großer, leichter, entspannter Abend, eine rundum gelungene Show – eigentlich schade, dass sich die Musicalhäuser in Möhringen in ihrem Ensuite-Spielbetrieb solche kleinen Extra-Abende nicht öfter leisten. Aber spätestens in fünf Jahren steht ja das nächste runde Jubiläum an. Wir freuen uns jetzt schon auf die Neuauflage. Wobei....

...und damit dann doch noch ein klitzekleines nörgeliges PS, sozusagen der einzige Wermutstropfen des Abends: Bitte in fünf Jahren entschieden weniger Witze über das in Stuttgart gesprochene Schwäbisch einplanen? Wer denkt sich solche Gags aus? Hamburger? Einmal lacht man ja drüber (wenn die Philippinin Leah Delos Santos erzählt, wie sie in Manila vor dem Engagement monatelang Deutsch gelernt hat, Hochdeutsch natürlich, und wie sie dann bei der Ankunft in Stuttgart trotzdem nichts verstand), fünfmal aber lacht man nicht. Und ganz ehrlich: der aus Norddeutschland stammende Autor dieser Zeilen lebt nun auch schon fünfzehn Jahre in dieser schönen Gegend. Und er hat noch nie irgendwo jemand gehört, der zur Begrüßung „Grüß Gottle“ gesagt hätte. Aber wie gesagt, das ist nicht mehr als ein PS. Sonst war alles superle.