Judith Holofernes ist mit ihrer Band im Theaterhaus aufgetreten. Es dauerte allerdings ganz schön lange, bis der Funke auf das Publikum übersprang.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Wir mutmaßen: Judith Holofernes geht mit ihren Kindern gerne in den Zoo. Die Wir-sind-Helden-Sängerin, deren Band sich 2011 auf unbestimmte Zeit in eine Pause verabschiedet hat, verfügt über eine ausgeprägte Tierliebe – das wissen ihre Fans spätestens, seitdem sie in ihrem Blog regelmäßig selbst gebastelte Tiergedichte veröffentlicht. Tiere tauchen in den Texten ihres Solo-Albums „Ein leichtes Schwert“, das die Kreuzbergerin am Montagabend im Stuttgarter Theaterhaus vorgestellt hat, im konkreten und übertragenen Sinn auf: Mal geht es um Meisen und Spatzen, mal kommen ein Hasenherz, Schmetterlinge und Hummeln vor. Ein Stück nennt sich „Opossum“, und das Coverbild ihrer CD zeigt die 37-Jährige auf dem Rücken eines zwitterhaften Fabelwesens – ein bisschen Drache, ein bisschen Adler, ein bisschen Fledermaus.

 

Oft tierisch also, aber in erster Linie putzig-verspielt und müßiggängerisch geht es zu bei dieser Judith Holofernes, die im Jeanskleid und Stiefeln auf der Bühne steht, sich von einem hilfsbereiten Bandmitglied allerlei Saiteninstrumente reichen lässt – und ohne großes Brimborium, mit gern krächzend wegbrechender Stimme ihre Lieder singt.

Von der Musik der zweifachen Mutter geht eine herrliche Kinderleichtigkeit aus, die aber dankenswerterweise auch mal ruckzuck in E-Gitarren-dröhnenden Punkrocklärm oder ein schrilles NDW-Stakkato umschwingen kann. Glanzstücke, von der typischen Helden-Deutschpop-Banalpoesie getragen, sind vor allem der Titelsong „Ein leichtes Schwert“ oder die Familienalltags-Hommage „Liebe Teil 2 – Jetzt erst recht“, adressiert an ihren am Schlagzeug sitzenden Ehemann Pola Roy. Sehr humorvoll getextet, wunderschön elegisch gesungen ist das Stück „John Irving“, in dem sie US-Literaten wie Irving oder Franzen und Kinogrößen wie Hans Zimmer und Woody Allen zärtlich abwatscht.

Es dauert lange, bis der Funke überspringt

Um das Konzert auf seine eineinhalb Stunden zu bringen – ihr Album sei schon ziemlich „kurz“, wie sie unumwunden zugibt – streut sie von ihr mit viel Sprachlust ins Deutsche übersetzte Coverversionen ihrer Lieblingslieder ein; Stücke von Elvis Costello etwa oder Lyle Lovett zählen dazu, und in dem unverhohlenen Spaß, mit der sie und ihre aus etlichen virtuosen Multi-Instrumentalisten bestehende Band das tun, offenbart sich erst recht ihre unbändige Leidenschaft für die Musik.

Es dauert allerdings ganz schön lange, bis im nur zu zwei Dritteln gefüllten T1-Saal der Funke überspringt, wofür sie – zu Recht – dem „optisch kühl anmutenden Raum“ die Schuld gibt. Dass der überwiegende Teil ihres Publikums in den Reihen sitzend verharrt, erinnert sie an das Phänomen der japanischen Sitzdiscos, in denen sich, wie sie erzählt, die Leute treffen, um sich „den Arsch wund zu tanzen“. Aber am Schluss wird doch noch alles gut, die Sitzenden stehen und können nicht anders, als sich der heldenhaft guten Laune dieser Holofernes-Musik hinzugeben.