Bei den jüdischen Kulturwochen gibt es auch Veranstaltungen im Stuttgarter Norden. Die wurden gerade im Stuttgarter Rathaus eröffnet und stehen unter dem Motto „Aufbruch in die Moderne – Judentum heute“.

Feuerbach - Es fährt ein Ferienbus hinauf nach Jerusalem, und unten am Meer tummeln sich Kraken und Fische. So sieht vielleicht eine Utopie aus, ganz bestimmt aber Kinderglück: Ein mehr als sechs Meter langes Panorama haben die jüngsten Mitglieder der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW) in der Feuerbacher Stadtteilbibliothek gestaltet. Inklusive vieler Tiere, Schiffe und Autos die nachträglich angesteckt wurden. Viele Hände haben eine ganze Welt geschaffen, das Herzstück der Ausstellung „Das bunte jüdische Jahr“, die an diesem Montagabend eröffnet wird.

 

Eine ganz normale Kindheit – fast

Die Werkschau ist eine von zwei Veranstaltungen im Stuttgarter Norden im Rahmen der Jüdischen Kulturwochen 2013. Die wurden gerade im Stuttgarter Rathaus eröffnet und stehen unter dem Motto „Aufbruch in die Moderne – Judentum heute“. Am Dienstag, 12. November, wird Schauspieler Ernst Konarek im Theaterhaus auf der Prag bei „Novellen der Leidenschaft“ überdies aus den „Buchmendel“ und „Die Mondscheingasse“ von Stefan Zweig vortragen, Ernst Kies untermalt die Lesung am Akkordeon. Stefan Zweig (1881 - 1942) war einer der Schriftsteller, deren Bücher von den Nazis verbrannt wurden, er selbst beging im brasilianischen Exil Selbstmord. Leicht und bunt und fröhlich kommt dagegen die Ausstellung von Kindergarten und Grundschule der IRWG in der Stadtteilbibliothek daher. Typische, kindgerechte Basteleien sind unter der Leitung von Kunst- und Handarbeitslehrerin Inessa Magero in den Einrichtungen an der Stuttgarter Hospitalstraße entstanden: Ritterburgen aus Toilettenpapierrollen, gefilzte Landschaften und sogar ein knallroter Stoff-Frosch im Blumenrock. Dazwischen Szenen aus dem gläubigen Alltag, der gedeckte Tisch zum Sabbat, ein Stillleben mit dem siebenarmigem Leuchter Menora, aber auch ein rotnasiges Rentier und Micky Maus – eine ganz normale Kindheit. Fast.

Es mag ein Zufall sein, aber außerhalb der Jüdischen Kulturwochen und ihres Glaubenskontextes bildet die Feuerbacher Werkschau einen Gegenpol zur Ausstellung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, die bis 29. November im Stuttgarter Rathaus zu sehen ist: „Im Gedenken der Kinder – Die Kinderärzte und die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit.“ Wer kann, sollte sich beide Ausstellungen ansehen: Die fröhliche gewinnt dadurch an Tiefe, die geschichtliche an Tragweite.