Das Jugendhaus Heslach erweitert sein Angebot, um attraktiv zu bleiben. Bliebe alles beim Alten, glaubt der Hausleiter Martin Wiltschek, schwände die Jugend – wegen der Ganztagsschule.

S-Süd - Der Ausbau des Ganztagsunterrichts stellt die Jugendhäuser im Stadtgebiet vor neue Herausforderungen. Viele Jugendliche haben erst vom späten Nachmittag an oder am Wochenende Zeit, die Angebote der Häuser überhaupt zu nutzen. Im Jugendhaus Heslach hat man sich auf diese Entwicklung eingestellt. Tagsüber setzt Martin Wiltschek, der Leiter des Jugendhauses, verstärkt auf die Kooperation mit Schulen, abends bleibt das Haus länger geöffnet – auch weil die Jugendlichen selbst mithelfen.

 

Das Engagement der Jugendlichen, die beispielsweise Dienst an der Theke verrichten, zeigt, wie wichtig es ihnen ist, das Jugendhaus als Treffpunkt zu haben. „Die Freizeitfunktion ist die originäre Aufgabe der Jugendhäuser und die dürfen wir bei allen neuen Aufträgen nicht vergessen“, betont Wiltschek. Zumal die Jugendlichen so Vertrauen zu den Mitarbeitern des Jugendhauses aufbauen und bei Liebeskummer oder Jobsuche ihren Rat suchen.

Die Jugendlichen arbeiten am neuen Konzept mit

Weil es für die Jugendlichen Stuttgarts in der Innenstadt jedoch zahlreiche Angebote gibt, arbeitet das Jugendhaus Heslach daran, sein Profil weiter zu schärfen. Gemeinsam mit den Jugendlichen entwickeln Wiltschek und seine Kollegen das Angebot im Jugendhaus weiter. „Ich will den Jugendlichen vermitteln, dass es deren Jugendhaus ist, dass sie auch selbst Vorschläge einbringen können, wie und wann die Räume genutzt werden“, sagt Wiltschek.

Mittlerweile hat das Jugendhaus deshalb montags und donnerstags bis 22 Uhr; dienstags, mittwochs und freitags bis 21 Uhr geöffnet. „Zudem haben wir von Oktober bis März sonntags geöffnet“, sagt Wiltschek. Eine Entscheidung, die ihm persönlich nicht leicht gefallen ist. Nicht wegen der Arbeitszeiten, sondern weil er findet, dass der Sonntag eigentlich der Familie gehört. Da die Jugendlichen aber die Anlaufstelle auch am Sonntag brauchten, wurden die Öffnungszeiten geändert. Nur am Samstag sorgen die Mitarbeiter des Jugendhauses nicht für das Programm, dann wird die ehemalige Brauereikneipe an Menschen aus dem Stadtbezirk vermietet.

Zwölf-Stunden-Tage sind im Jugendhaus keine Seltenheit. Bereits von elf Uhr an kommen die ersten Hortkinder von der Unterstufe der Schickhardt-Realschule. Von 15 bis 17 Uhr gibt es dann spezielle Angebote nur für unter 16-Jährige. „Jemandem, der Sozialpädagogik studiert, ist sicher bewusst, dass die Arbeitszeiten nicht ohne sind“, meint Wiltschek.

Die Mitarbeit an der Theke ist beliebt

Dennoch wäre es dem Team nicht möglich, das Jugendhaus so lange zu öffnen, wenn die Jugendlichen nicht mitziehen würden, indem sie etwa abends nichtalkoholische Getränke ausschenkten. „Die Mitarbeit im Jugendhaus, etwa an der Theke, ist beliebt, obwohl es dafür nur 2,50 Euro die Stunde gibt“, sagt der Leiter der Einrichtung. Der positive Nebeneffekt: die Jugendlichen lernen, Verantwortung zu übernehmen, und sie erfahren, dass sich jemand auf sie verlässt.

Mit sich diskutieren lässt Wiltschek auch über die Nutzung von Spielekonsolen, allerdings nur in einem gewissen Rahmen, schließlich sollen die Jugendlichen nicht das gleiche Unterhaltungsangebot wie zuhause vorfinden. Spezialisiert hat sich das Jugendhaus auf zwei Bereiche: auf die Musik und den Werkstattbereich. Nachwuchsmusiker finden im Jugendhaus einen Proberaum, ein Aufnahmestudio und eine Bühne mit DJ-Pult vor. Im Werkstattbereich können die Kinder und Jugendlichen sowohl Computer reparieren als auch handwerklich und kreativ arbeiten. „Wir vermitteln Wissen ohne Zeitdruck und ohne Noten. Viele merken das oft nicht“, sagt Wiltschek. Dass der Werkstattbereich und die Musik so stark vertreten sind, liegt auch an Markus Knotz und Stefan Pförtner. Die beiden Mitarbeiter des Jugendhauses haben diese Schwerpunkte mit aufgebaut.

Von diesem Angebot verlagert sich jedoch so viel in die Abenden, aufs Wochenende und in die Ferien, dass das Jugendhaus tagsüber neue Wege geht. Neben dem Hort für die Unterstufenschüler der Schickhardt-Realschule will Wiltschek Sozialkompetenztrainings für die Schulen im Bezirk anbieten oder im Rahmen von Projekttagen ermöglichen, die Räume des Jugendhauses zu nutzen. Eine Jugendfirma der Lerchenrainschule hat beispielsweise im Jugendhaus eine T-Shirt-Produktion gestartet. „Die Aufstellung der Jugendhäuser in Stuttgart hat sich geändert, und trotzdem sind wir nach wie vor ein Ort, wo Jugendliche die Freiräume haben, die sie brauchen.“