Der Stadtjugendring bringt behinderte Kinder aus der Rohräckerschule ins normale Jugendleben.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Einfach mal ins Kino gehen. Nicht lang fragen, nicht überlegen, was man in der Reihe davor oder dahinter darüber denkt: Das will Bärbel Finkbeiner mit den Kindern der Rohräckerschule machen. Zwei Pädagogen, viele Ehrenamtliche und rund zehn behinderte Kinder haben sich zu einem Inklusionsprojekt namens Mimamo zusammengefunden, das vom Stadtjugendring Esslingen getragen wird. Mit einer Viertelmillion Euro wird es von der Aktion Mensch finanziert. Drei Jahre soll das Projekt laufen. Hinter der Abkürzung Mimamo verbirgt sich der Ausdruck „Mit-Mach-Momente.“

 

Weil manche der behinderten Kinder und Jugendlichen weder lesen noch schreiben können, geht es in der Kommunikation mit ihnen um gesprochene Worte, um Bilder und Symbole.

Das größte Hobby der 18 Jahre alten Selina ist das Fußballspielen. Ihr größter Wunsch ist es, mit dem Smartphone in sozialen Netzwerken unterwegs sein, wie alle anderen Jugendlichen auch. Aber wie soll man das anstellen, wenn man nicht lesen kann? Das ist ein Projekt, das Bärbel Finkbeiner mit ihrem Team aus Ehrenamtlichen demnächst angeht. Eine Whatsapp-Gruppe hat sie schon gegründet. Gerade versuchen die Mitarbeiter, eine Sprachsteuerung für die Kinder einzurichten.

Die Kinder können nicht Bus- oder Zugfahren

Selbst der Chef des Stadtjugendrings Markus Benz war erstaunt darüber, wie die Arbeit mit behinderten Kindern die Sichtweisen verändern kann. Auch Bärbel Finkbeiner und ihre Kollegin Sabrina Maurer lernten im Projekt, welche Schwierigkeiten die Kinder im Alltag haben. Sie können nicht einfach Busfahren, weil sie die Haltestellenschilder nicht lesen können, für das Zugfahren gilt das gleiche. Beim Ausflug in den Vergnügungspark Tripsdrill mussten sie feststellen, dass man dort überhaupt nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hinkommt.

Markus Benz wünscht sich, dass es zur Normalität wird, dass behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam Spaß haben. Ein Projekt hatten sie in der Kinderspielstadt Karamempel im vergangenen Sommer gestartet. Hier sollten die behinderten Kinder in der Organisation helfen und arbeiteten in der Küche. Markus Benz überlegt sich, ob er sie nicht im nächsten Sommer die Dekoration für Karamempel machen lässt.

Die Liste der Projekte ist lang

Die Liste der Projekte, die sich Sabrina Maurer und Bärbel Finkbeiner vorgenommen haben ist lang: Eine Weihnachtsparty machen, Karaoke singen, eine Kürbissuppe kochen, solche Dinge stehen darauf. Ebenso der Treff am Donnerstag im Kulturpalast in der Esslinger Fleischmannstraße. Auch wenn es organisatorisch schwierig ist, weil die Kinder gefahren werden müssen. Es gehört zum pädagogischen Konzept von Mimamo, dass die Kinder etwas anderes zu sehen bekommen, als die Rohräckerschule auf dem Esslinger Zollberg in Esslingen. Sie sollen, wie andere Jugendliche auch, einen Jugendtreff besuchen können, um Musik zu hören, sich zu unterhalten und gemeinsam Spaß zu haben.

Der 15-jährige Fabian war übrigens tatsächlich neulich im Kino. Er hat sich „Fack ju Göthe, Teil drei“ angeschaut. „Chantal war sehr lustig“, sagt er.