Das Team der Jugendfarm im Elsental fürchtet, dass die Stadt keine alternativen Betreuungsangebote mehr will. Seit immer mehr Grundschulen zu Ganztagsschulen werden, kommen immer weniger Kinder auf die Farm.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

S-Süd - Die beiden Viertklässlerinnen kommen gern auf die Jugendfarm. „Wir fühlen uns hier zuhause“, sagt Mona, und ihre Freundin Alma nickt. Dafür nehmen die beiden Mädchen jeden Dienstag einen weiten Weg auf sich. Von der Römerschule fahren sie mit der Bahn nach Kaltental. Das letzte Stück laufen sie, auf Busfahren haben sie keine Lust.

 

Was die Mädchen sagen, bestätigt Sabine Boehm und Elke Theißinger in ihren Ansichten. Die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen der Farm und ihre Mitstreiter wollen den Kindern „Naturerlebnisse“ ermöglichen. Sie sollen Abstand gewinnen von der Schule, sich in einer neuen Gruppe neu definieren können. Diesen Ansatz verfolgt das Team der Jugendfarm Elsental seit mehr als 50 Jahren.

Doch trotz der langen Tradition kommen immer weniger Mädchen und Jungen auf das Gelände. Noch könne sich das Elsental-Team nicht beklagen. „Wir haben rund 55 Kinder täglich auf dem Platz“, sagt Boehm. „Doch auch wir merken, dass es weniger wird. Die Kinder kommen später, oder nur noch in den Ferien oder gar nicht mehr“, sagt die Mitarbeiterin.

Die Kinder sind nun in den Schulen statt auf der Farm

Für sie und ihre Kollegen liegen die Gründe auf der Hand: Immer mehr Grundschulen werden zu Ganztagsschulen oder bieten ein Schülerhaus an. Diese sollen ein Zwischenschritt beim Übergang zur Ganztagsschule sein. „Dieses Komplettangebot ist für manche Eltern verlockend. Es ist ein Rundum-sorglos-Paket“, sagt Boehm. Doch wenn die Kinder den ganzen Tag in der Schule sind, können sie nicht mehr auf die Farm kommen. Um dem etwas entgegensetzen zu können, hat das Team 2012 den Mittagstisch ins Leben gerufen. Am Anfang unterstützte die Mahle-Stiftung das Projekt. Doch im September 2014 lief die Förderung aus. „Wir sind davon ausgegangen, dass es sich selbst trägt. Das tut es aber leider nicht“, sagt Boehm. Ungefähr 25 Kinder täglich müssten zum Essen kommen, damit sich das Projekt rechnet.

Von der Stadt gibt es keine Zuschüsse. Ohnehin haben die Jugendfarmer im Elsental das Gefühl, dass alternative Betreuungsangebote am Nachmittag immer weniger gewünscht sind. Vor einiger Zeit hätten die freien Träger der Jugendarbeit von der Stadt noch den Auftrag bekommen, sich Konzepte zu überlegen, wie die Nachfrage nach Betreuungsangeboten gedeckt werden kann. Doch nun, da die Stadt mit dem Aufbau der Schülerhäuser und Ganztagsschulen vorankomme, würden andere Träger als Konkurrenz empfunden. Diesen Eindruck hat Sabine Boehm. „Der Stadt geht es auch nicht anders als uns: Sie muss ihre Gruppen voll bekommen, sonst ist es nicht finanzierbar.“

Um den Mittagstisch stemmen zu können, hat die Farm personell aufgestockt. Denn nicht nur das Essen muss gekocht werden, auch die Öffnungszeiten haben sich um zwei Stunden verlängert. Das kostet. „Wir können es uns nicht ewig leisten, drauf zu zahlen“, sagt Boehm. Soll heißen: Wenn mittelfristig nicht genügend Kinder zum Mittagstisch kommen, muss das Team das Angebot überdenken oder abbrechen. Das wollen Boehm und ihre Kollegen aber nicht. Sie sind vom Konzept der Farm überzeugt. Dieses lautet: Die Kinder sollen sich in freier Natur frei entfalten können. „Doch die Entscheidung liegt bei den Eltern. Sie müssen wissen, ob sie das Komplettangebot der Schule wollen oder nicht.“

Weitere Informationen:

Mittagstisch:
Weitere Infos zu den Kosten und den Anmeldemodalitäten gibt es im Internet unter www.elsental.de oder unter Telefon 6 87 20 89.