Im Jugendhaus findet ein Computerkurs für Ältere statt. Zwei Achtklässler übernehmen die Lehrerrolle.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Eine Maus? „Wo ist eine Maus“, fragt die Seniorin erschrocken. Doch der Schreck ist freilich nur gespielt. Annette von Szymonski hat zwar „null Ahnung“ von Computern, wie sie selbst sagt. Doch was eine Maus ist, das weiß freilich auch sie. Und die 72-Jährige ist „wild entschlossen“, mehr über den Umgang mit der modernen Technik zu erfahren. Sie habe 40 Jahre lang gearbeitet. Als sie in Rente gegangen sei, habe „das mit den Computern“ gerade angefangen. „Die haben uns so große Kisten hingestellt. Aber weder ich noch mein Chef wollten davon etwas wissen“, sagt die rüstige Rentnerin und lacht. Doch mittlerweile fühle sie sich wie ein Alien. „Ich werde ständig nach meiner E-Mail-Adresse gefragt. Ich habe so was aber gar nicht“, sagt Annette von Szymonski.

 

Sie könnte noch viele Gründe aufzählen, warum sie bei dem Computerkurs im Jugendhaus mitmacht. Doch es ist nicht einfach irgendein Kurs. Denn vor den Senioren stehen keine ausgewiesenen Experten, sondern Dennis und Hasham, zwei Achtklässler der Anne-Frank-Realschule. Für sie ist es ein sogenanntes „Themenorientiertes Projekt soziales Engagement“, kurz Top SE, das jeder Realschüler in Baden-Württemberg absolvieren muss. Das die beiden Jungs ihr Top SE im Jugendhaus absolvieren, ist kein Zufall. Denn die Einrichtung verbindet seit einiger Zeit eine offizielle Bildungspartnerschaft mit der Anne-Frank-Realschule. Unterstützt werden die beiden Nachwuchslehrer von dem Jugendhausleiter Andreas Bernhard und Manuel Salanitro, der in der Einrichtung seinen Bundesfreiwilligendienst absolviert.

Es ist nicht der erste Computerkurs dieser Art im Jugendhaus. Andreas Bernhard hat bereits mehrere in Kooperation mit dem Jugendrat angeboten. Hintergrund ist das Projekt „Generationenhaus Möhringen – gemeinsam leben im Stadtbezirk“. Das Interesse an den Seniorenkursen ist immer groß. „Ich hatte auch diesmal wieder binnen weniger Tage mehr Anmeldungen auf meinem Anrufbeantworter als es Plätze gab“, sagt Bernhard und lacht. Und während er sich bei den Interessenten zurückgemeldet habe, hätten schon wieder die nächsten Senioren angerufen.

„Braucht man dafür Internet?“

Unter ihnen war auch Gerdi Köhler. „Mein Mann macht alles am Computer: schreibt Briefe, speichert Daten und verschickt E-Mails. Aber ich habe keine Ahnung davon“, sagt die 79-Jährige. Künftig wolle sie nicht mehr nur einfach daneben sitzen, sondern auch selbst was machen können. Doch es geht auch andersrum. Ein älterer Herr sitzt mit dem ausgedienten Laptop seiner Frau in dem Kurs und will endlich lernen, was seine Gattin schon längst kann. Sorge, von den beiden Achtklässlern, die als Lehrer vor ihnen stehen, ausgelacht zu werden, haben die Senioren nicht. Im Gegenteil: Annette von Szymonski findet das gerade interessant. „Das macht bestimmt Spaß“, sagt sie.

Dann erklärt Bernhard was Hardware und was Software ist. Als er zum USB-Stick kommt, schauen die Senioren neugierig auf das kleine Speichermedium. „Braucht man dafür Internet?“, fragt eine Teilnehmerin. Und auch das CD-Laufwerk am Laptop will erst mal gefunden werden. Vorsichtig drückt eine Frau auf das kleine schwarze Knöpfchen an der Seite ihres Notebooks. Das Fach springt auf. Sie schiebt es wieder zu und probiert es gleich noch mal. „Aha, so geht das also“, sagt sie dann.

Dann wollen die Senioren endlich selbst Hand anlegen. Bernhard will ihnen zunächst zeigen, wie man mit der Maus umgeht. Dafür hat er im World Wide Web eine Übung rausgesucht. Wie in der Schule diktiert er die Adresse der entsprechenden Internetseite. Die Senioren drücken auf die große Enter-Taste und. . . es kommt eine Fehlermeldung. Die Internetseite ist nicht erreichbar. Doch auch diese Erfahrung gehört dazu, wenn man den Umgang mit Computern und Internet lernen will. Und immerhin findet Andreas Bernhard schnell eine Möglichkeit, den Fehler zu umgehen, so dass die Senioren doch noch ihre Übung machen können.