Mehrere hundert Nachwuchsjournalisten treffen sich bei den Jugendmedientagen - und diskutierten zu Beginn mit gleich zwei Chefredakteuren.

Stuttgart - Wie ticken Medien? Und wie müssen Medienmacher ticken – heute, aber auch in Zukunft? Lohnt es sich noch, Print-Zeitungsredakteur zu werden, oder gehört die Zukunft allein dem Netz? Antworten auf diese Fragen erhoffen sich 500 Nachwuchsjournalisten aus Schülerzeitungen und von Blogs bei den Jugendmedientagen in Stuttgart, veranstaltet von der Jugendpresse Deutschland e.V. und der Jugendpresse Baden-Württemberg e.V.. Vier Tage lang knien sie sich in die spannende Materie rein. Die erste Überraschung erfuhren sie gleich am Donnerstagabend, bei der Eröffnung im Carl-Benz-Center: Wer Journalist werden will, ganz gleich ob für Print oder für Online, muss das Handwerk können.

 

Was das bedeutet, erläuterten Joachim Dorfs, Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, und Mathias Müller von Blumencron, der beim „Spiegel“ für alle digitalen Produkte verantwortlich ist. „Twittern allein reicht nicht“, sagte Müller von Blumencron in dem vom Comedian und Journalisten Jan Böhmermann sehr munter moderierten Impulsgespräch. „Sie müssen schreiben können und hartnäckig sein.“ Das bestätigte auch Dorfs: „Sie brauchen die gleichen Basisvoraussetzungen wie früher.“ Auch wenn das Arbeiten für Print oder für Online höchst unterschiedlich ist.

"Ein richtiger Twitterschmarotzer"

Müller von Blumencron, der zuvor als klassischer Auslandskorrespondent für Print gearbeitet hatte, räumte ein: „Wir wussten am Anfang nicht, wofür das Internet gut ist.“ Das hat sich geändert. „Der Spiegel macht im Moment so viel Gewinn, wie Online Umsatz hat.“ Dorfs berichtete, er habe 1998 als Frankreich-Korrespondent seine erste E-Mail geschrieben. Das Internet war in Frankreich zu dieser Zeit noch nicht sehr verbreitet. Er habe sich mit dem dort üblichen Minitel herumgeplagt, einer Variante des damals in Deutschland verwendeten BTX. „Was ist oder was war dieses BTX?“, fragt Archie aus Botnang später. Böhmermann erklärt: „So was Ähnliches wie Videotext, nur noch langweiliger.“

Inzwischen, so räumt Müller von Blumencron ein, sei er „ein richtiger Twitterschmarotzer“. Auch was seine darauf angesetzten Onliner hierbei auswerteten, seien „Themen, auf die kein Chefredakteuer gekommen wäre“. Dorfs hingegen sagt: „Die Tageszeitung liefert natürlich mehr, als das Internet liefert. In einer guten Tageszeitung finde ich immer noch Sachen, die ich in den digitalen Medien nicht finde.“ Und: „Unser Geld verdienen wir mit der Tageszeitung.“ Er räumt aber ein, dass die StZ jedes Jahr ein bis zwei Prozent ihrer Printleser verliere. „Wir freuen uns, wenn wir durch Online kein Geld verlieren.“

Geschwindigtkeit versus Recherche?

Die StZ werde aber ihr regionales Onlineangebot von Januar an auf die Stadtteile ausdehnen. „Den reinen Printjournalisten wird es künftig nicht mehr geben, auch wenn immer noch viele junge Leute von der ganzseitigen Reportage träumen. Wer jetzt einsteigt, muss mit Social Media und mit Onlinemedien umgehen können.“ Simon aus Augsburg fragt: „Zählt die schnelle News mehr als die Qualität?“ Das verneint Müller von Blumencron. In Hamburg laufe das so: „Zwei Leute verfolgen bei uns den Nachrichtenstrang. Sie brauchen aber auch Leute, die Zeit haben, zu recherchieren und Kontakte zu pflegen.“