In fast allen Nord-Stuttgarter Bezirken ging die Zahl der Bewerber zurück. Zurückzuführen ist diese Entwicklung zum Teil auf die durch Sport und Schule eingeschränkte freie Zeit.

Stuttgarter Norden - Roland Kelm von der Koordinierungsstelle Jugendbeteiligung ist „schon ein bisschen enttäuscht“: Stuttgartweit haben sich von 24 500 wahlberechtigten Jugendlichen nur 308 als Kandidaten für die Jugendratswahl aufstellen lassen. Vor zwei Jahren waren es 421 Bewerber. In acht Bezirken, darunter Botnang und Stammheim, haben sich so wenige Kandidaten beworben, dass dort keine Wahl zustande kommt. „Es tut mir Leid, dass Jugendliche dort aktiv geworden sind und kein Erfolg da ist“, sagt Kelm. Warum das Interesse diesmal nachgelassen hat, sei schwer nachzuvollziehen. Ein Grund könnte die hohe Belastung in der Schule sein, „da bleibt wenig Zeit übrig“. Ein Problem sei aber auch, dass sich mit der achtjährigen Gymnasialzeit die 16-, 17-Jährigen schon auf das Abitur vorbereiten müssten. „Dadurch fällt ein großer Teil der Bewerber weg.“

 

Jugendräte in Zuffenhausen und Weilimdorf bleiben bestehen

In Zuffenhausen wird es die kommenden beiden Jahre wieder einen Jugendrat geben. Für die 13 Sitze haben sich 29 Kandidaten beworben – zur vergangenen Wahl waren es noch 62. Mindestens 15 Bewerber hätte man gebraucht. Laut Karin Buschkühl, Mitarbeiterin des Bezirksamtes und Betreuerin des Jugendrates, haben sich viele der Kandidaten erst auf den letzten Drücker gemeldet – was aber ganz normal sei. Viele der aktuellen Zuffenhäuser Jugendräte müssen aus Altersgründen ausscheiden, sechs stehen aber wieder auf der Kandidatenliste. Ein Projekt steht bereits im Pflichtenheft des künftigen Rates: Bei einer „Tour de Toilette“ durch Zuffenhäuser Schulen wollen die Heranwachsenden die stillen Örtchen erkunden und auf eventuell bestehende Missstände aufmerksam machen.

Auch der Jugendrat in Weilimdorf kann fortbestehen. Allerdings sind es diesmal mit 17 Bewerbern nur annähernd halb so viele wie vor zwei Jahren. Warum das Interesse so zurückgegangen ist, kann Bezirksvorsteherin Ulrike Zich nicht sagen. Die Werbemaßnahmen seien dieselben wie zuvor gewesen. Trotzdem ist sie zufrieden: „Ich bin froh, dass sich wieder Jugendliche in Weilimdorf gefunden haben, die sich engagieren wollen.“

„Das wird ein toller Mix werden“

Susanne Ramp, die den Jugendrat in Feuerbach koordiniert, ist zufrieden, dass genügend Kandidaten gefunden wurden, um eine Wahl durchzuführen. „18 Bewerber ist eine Zahl, bei der die Jugendlichen eine Wahl haben“, sagt sie mit Blick auf die 13 Sitze des Gremiums. Gut gefällt ihr, dass sich die Bewerberschar diesmal ganz unterschiedlich zusammensetzt, sowohl was die Schulart als auch den Schulbezirk angeht. „Das wird ein toller Mix werden. Ich sehe die Chance, dass viele unterschiedliche Interessen vertreten werden.“

In Stammheim hat es hingegen nicht geklappt. „Es gab nur neun Bewerber, wir hätten 13 gebraucht“, sagt Bezirksvorsteherin Susanne Korge. Sie vermutet, dass das Interesse am Jugendrat allgemein nachgelassen hat. „Der Hauptgrund ist, glaube ich, dass die Jugendlichen heutzutage unheimlich eingespannt sind“, sagt Korge. Schule und Sport – da bleibe immer weniger Zeit. Mangelnde Werbung könne nicht schuld sein. „Meine Mitarbeiter haben sich nicht nur in der Schule, sondern auch in Vereinen, kirchlichen und anderen Gruppen um Bewerber bemüht.“ Am Modell Jugendrat an sich könne es nicht liegen. Die bestehenden Jugendräte hätten vorzeigbare Ergebnisse erreicht. In Stammheim soll nun eine Projektgruppe für die neun Interessierten angeboten werden. „Sie kann zeitlich begrenzt und gegebenenfalls nur auf ein Projekt bezogen sein, ganz auf die Wünsche der Jugendlichen ausgerichtet“. Korge ist überzeugt: „Wir werden das Beste aus der Situation machen. Manchmal ist weniger mehr.“

Nur sechs Kandidaten in Botnang

Das sieht die stellvertretende Bezirksvorsteherin aus Botnang, Mina Smakaj, ähnlich. Sie findet es zwar schade, dass sich nur sechs Kandidaten im Bezirk gefunden haben, „aber ich habe lieber sechs, die wirklich wollen, als elf, von denen nur drei zu den Sitzungen kommen“. Nachdem in Botnang fünf Bewerber fehlen, wird es also auch dort keine Jugendratswahl geben. „Wir werden aber schnell die Kandidaten anschreiben und eine Projektgruppe gründen“, sagt Smakaj. Der einzige Unterschied zu einem offiziellen Gremium sei, dass die Jugendlichen keine 7 Euro Sitzungsgeld abrechnen könnten. „Aber wir haben ein Budget und können somit auch Projekte angehen und umsetzen.“