Die Staatsanwaltschaft Stuttgart will den Prozess gegen den 62-jährigen Jugendtrainer vom TSV Höfingen vor dem Landgericht Stuttgart verhandeln. Er soll sich an Kindern im Verein sexuell vergangen haben.

Leonberg - Es ist ein mittleres Erdbeben gewesen, das den TSV Höfingen (Kreis Böblingen) im März dieses Jahres in seinen Grundfesten erschüttert hat. Ein Tischtennis-Jugendtrainer des TSV geriet in den Verdacht, sich an Kindern im Verein sexuell vergangen zu haben. Den Stein ins Rollen gebracht hatte die Mutter eines Elfjährigen, die sich mit ihrem Verdacht an die Polizei gewandt hatte. Daraufhin nahm ein elfköpfiges Team der Polizeidirektion Böblingen, das sich wegen des Bezugs zum Tischtennis „Topspin“ nannte, die Ermittlungen auf. „Wir waren alle schockiert und betroffen“, sagt Ulrich Hoppe, der Vorsitzende des TSV Höfingen, rückblickend.

 

Nach rund vier Monaten waren die Ermittlungen abgeschlossen. Aufgrund ihrer Erkenntnisse hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage zur Jugendschutzkammer des Landgerichts Stuttgart erhoben. „Die Kammer muss nun prüfen, ob ein so genannter hinreichender Tatverdacht vorliegt. Sollte sie das bejahen, wird sie beschließen, dass die Hauptverhandlung eröffnet wird und auch gleich die Termine für den Prozess festlegen“, erklärt Johannes Friedrich, der Pressesprecher des Stuttgarter Landgerichts.

Jugendtrainer sitzt in Untersuchungshaft

Laut Friedrich wird der Prozess voraussichtlich in der zweiten Septemberhälfte stattfinden. Dies hänge damit zusammen, dass der Jugendtrainer seit März in Untersuchungshaft sitze und diese nach den Regeln der Strafprozessordnung unter normalen Umständen nicht länger als sechs Monate dauern darf.

In der Anklage wirft die Staatsanwaltschaft dem 62-Jährigen laut Auskunft von Pressesprecher Jan Holzner insgesamt 16 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern, davon zwei in einem schweren Fall vor. Die Taten sollen sich im Zeitraum zwischen 1997 und 2016 abgespielt haben. Insgesamt soll er sich an sechs Kindern im Alter zwischen sieben und elf Jahren vergangen haben. Die weiteren Anklagepunkte lauten auf Nötigung, sexuelle Belästigung und den Besitz kinderpornografischer Schriften. Die Beamten sollen einschlägige Magazine und Bilder auf dem Computer des 62-jährigen Übungsleiters gefunden haben.

Die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft die Anklage nicht zum Amtsgericht Leonberg, sondern zum Landgericht nach Stuttgart erhoben hat, lässt darauf schließen, dass sie mit einer längeren Gefängnisstrafe rechnet. Sexueller Missbrauch ist im Einzelfall mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht. Bei einem Fall von sexuellem Missbrauch im schweren Fall ist die Mindeststrafe zwei Jahre. Ein zweiter Grund, warum die Anklage zum Landgericht erhoben wurde, ist laut Holzner die besondere Schutzbedürftigkeit der Opfer.

Taten liegen teilweise 20 Jahre zurück

Nach Auskunft des Pressesprechers steht der Anklage auch nicht das Problem der Verjährung entgegen, auch wenn die Taten teilweise fast 20 Jahre zurückliegen: „Die Frist für die Verjährung bei sexuellem Missbrauch von Kindern beginnt erst zu laufen, wenn das Opfer das 30. Lebensjahr vollendet hat und läuft dann mindestens zehn Jahre“, erklärt er.

Zu Beginn der Ermittlungen waren Polizei und Staatsanwaltschaft sogar von mehr als zehn sexuell missbrauchten Kindern ausgegangen. „Angeklagt wurden dann aber nur die Fälle, bei denen die Staatsanwaltschaft einen hinreichenden Tatverdacht bejaht hat“, erklärt der Pressestaatsanwalt. Laut Anklage hat der ehemalige Höfinger Jugendtrainer einen Teil der Vorwürfe eingeräumt.