Doris Schmauder hatte einen Jugendtraum und bewarb sich beim weltbekannten Modeschöpfer.

Leonberg - Fast 62 Jahre alt ist der Brief, den Doris Schmauder in ihren Händen hält. Er stammt aus dem weltberühmten Atelier des Modedesigners Christian Dior in der 30. Avenue Montaigne in Paris. Für die Leonbergerin war das Schreiben das Ende eines großen Traums, aber der Beginn eines neuen Lebens.

 

Als junge Frau ist sie fasziniert von der großen französischen Hauptstadt, eine der Weltmetropolen für Mode. „Hätte ich nicht meinen Mann kennengelernt, dann wäre ich heute Französin“, lacht sie.

Schon in ihrer Kindheit, die sie in Stuttgart-Wangen verbringt, kann sie gut zeichnen. Ein bekannter Bäcker im Ort findet gefallen an ihren Tierbildern und stellt sie damals in seinem Laden aus. So zeichnet sie in einem fort, aber eben nicht nur Tierbilder, sondern auch aufwendig zu schneidernde Frauenkleider.

Der große Traum von der Modezeichnerin

Bereits als Schülerin hat sie ihren großen Traum: Sie will irgendwann Modezeichnerin werden. Solch ein Wunsch scheint vermessen in der tristen Nachkriegszeit im zerbombten Stuttgart.

1949 absolviert sie die Schule und will das Friseurhandwerk lernen. Der Friseurmeister gegenüber ihrer Hedelfinger Schule lehnt sie aber ab, weil ihre Eltern keinen Salon besitzen. Das Zeichnen bleibt derweil ihre große Leidenschaft. Und so träumt sie weiter von Paris und der üppigen Mode von Christian Dior, die man im Ländle nur von Abbildungen her kennt. Auch während sie in einer Wäscherei am Charlottenplatz eineinhalb Jahre arbeitet, träumt sie weiter von der Mode und von Paris.

Um als junge Frau von zuhause wegzukommen, zieht es sie nach Leonberg. Immerhin ein kleiner Schritt Richtung Westen und in Richtung Frankreich. Am Engelberg hilft sie im Haushalt eines Steuerberaters mit.

Nichts zu verlieren

Ihr Traum lässt die junge Doris auch in Leonberg nicht los. Sie gibt sich einen Ruck, schreibt nach Paris und bewirbt sich bei Christian Dior als Modezeichnerin. „Ich hatte nichts zu verlieren und wollte es einfach versuchen. Lieber eine Absage als es nie probiert zu haben“, erinnert sich die 83-Jährige.

Was sie damals als 20-jährige schreibt, weiß sie nicht mehr. Auf jeden Fall schreibt sie auf Deutsch, da sie kein Französisch beherrscht und legt einige ihrer Modezeichnungen bei. Zwar hofft sie auf eine Zusage. Aber da sie weder eine Schneiderlehre, noch eine Schule für Modezeichnen besucht hat, stellt sie sich auf eine Absage ein.

„Ausgezeichnetste Hochachtung“

Am 1. Juni 1955 erhält sie dann den Brief, den sie bis heute aufbewahrt hat. Es ist eine Absage von Christian Dior, natürlich auf Französisch. In ihrer Nachbarschaft gibt es damals zum Glück Freunde, die ihr übersetzen und mit der Schreibmaschine auf eine kleine Karte folgendes tippen: „Wir bedauern vielmals Ihnen zu sagen, dass wir keinen freien Platz in unserem Hause haben. Wollen Sie die Versicherung unserer ausgezeichnetsten Hochachtung entgegennehmen.“

Handschriftlich steht darunter auch auf Französisch, von der Sekretärin von Christian Dior dazugeschrieben: „Ich bin untröstlich, aber ich habe heute niemanden, der mir Ihren Brief übersetzen könnte. Ich hoffe, dass es wohl einen Platz gibt, wie Sie ihn verlangen.“ Diesen Platz findet die Leonbergerin an der Seite ihres Mannes. Als er in ihr Leben tritt, hat sie nicht mehr von Paris und Christian Dior geträumt.