Im Fall des „Wikileaks“-Gründers Julian Assange fallen UN-Experten ein rätselhaftes Urteil. Briten und Schweden sollten es ignorieren, kommentiert Rainer Pörtner.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Ein Bürger, der sich in einem westeuropäischen Rechtsstaat den Anhörungswünschen einer Staatsanwaltschaft eines anderen westeuropäischen Rechtsstaates widersetzt und sich der drohenden Verhaftung durch Flucht in die Botschaft eines dritten Staates entzieht, ist das Opfer einer „willkürlichen Inhaftierung“. Zu diesem rätselhaften, ja unverständlichen Urteil ist die Mehrheit einer fünfköpfigen UN-Expertengruppe im Fall Julian Assange gekommen. Der Australier hatte im Juni 2012 Zuflucht in der Botschaft Ecuadors in London gesucht, um einer Auslieferung an Schweden zu entgehen. Die dortige Staatsanwaltschaft will ihn seit 2010 zu den Vergewaltigungsvorwürfen zweier Frauen befragen.

 

Für Assange, der eine juristische Verfolgung durch die Vereinigten Staaten von Amerika wegen seiner Enthüllungen auf der Plattform „Wikileaks“ noch mehr fürchtet als die britischen und schwedischen Ermittler, ist das Votum des UN-Gremiums ein echter Trumpf in seinem Kampf um öffentliche Unterstützung. Der politische Druck auf die britischen und schwedischen Behörden, von ihm abzulassen, wird wachsen. Sie sollten diesem Druck nicht nachgeben. Auch Julian Assange steht nicht über dem Recht, das nach dem Verständnis westeuropäischer Demokratien in ihren Ländern zu gelten hat.