Der Berliner Kabarettist Nils Heinrich stellt am Dienstagabend in der Rosenau sein Buch über seine vier Jahre in Stuttgart vor.


Stuttgart -Herr Heinrich, in Ihrem Buch „Irgendwo muss man ja leben“ raten Sie zur Notlüge: Man solle guten Freunden eher vorschwindeln, dass man Fußballtrainer im Südsudan werde, als zu bekennen, dass man nach Stuttgart zieht. Ist es hier so schlimm?
Nein, gar nicht. Dieser Rat gilt nur, wenn man vorher nie dort war, weil Stuttgart nun mal dieses Image des gewissen Nichts hat. Wenn man nach Stuttgart zieht, muss man das immer begründen. Bei Hamburg fragt niemand: „Wieso ausgerechnet dorthin?“

Sie schreiben, dass eine Stuttgarter Treppe gerne mal aus 5000 Stufen bestehe. Haben Sie das geschätzt oder gezählt?
Zum Zählen habe ich bei gefühlt 5000 Stufen keine Zeit gehabt. Diese Treppen sind was Tolles, um ein bisschen Gratisfitness abzukriegen. In Stuttgart kriegt man umsonst, wofür die Bewohner anderer Städte viel Geld im Fitness-Studio ausgeben.

Apropos umsonst: Sind die Schwaben wirklich geizig, oder ist das nur ein Klischee?
Das ist ein absolutes Klischee. Die Schwaben geben gerne Geld aus – sie gucken nur genau, wofür.

Andererseits schreiben Sie: „Der Sperrmüll, der vor Stuttgarter Häusern liegt, ist tatsächlich nur noch Müll.“
Das ist eine Form von Sparsamkeit, die ich nicht als Geiz bezeichnen würde: Man hat sich etwas gekauft, und das ist dann da, und das nutzt man, solange es geht. Man schätzt hier die Dinge, die man sich mal gekauft hat. In anderen Städten stehen beim Sperrmüll Sachen vor der Tür, die man locker noch gebrauchen kann. In Stuttgart nicht.

Noch ein Zitat aus Ihrem Stuttgart-Buch: „Die Einheimischen stoßen regelmäßig Laute aus, die auf unvorstellbare Schmerzen schließen lassen.“ Wie klingt das denn?
Na ja, das ist halt dieses Schwäbisch. Ich habe versucht, eine Erklärung für den Dialekt zu finden. Eine Horrorvision von mir ist, mit dem Auto auf der Schwäbischen Alb liegen zu bleiben, und jemanden nach dem Weg zu fragen: Ich glaube, da kommt man nie wieder nach Hause zurück.

„Stuttgart ist eine Stadt wie ein Wok, vor allem bei Sonnenschein“, haben Sie notiert . . .
 . . . Im Stadtkern kann man im Sommer sicher sein, eine konstante Temperatur zu haben. Man muss nur mal die Hand auf den Gehweg legen: Die Wärme wird schön gespeichert, und der Wind bläst drüber weg.