Die Fahrzeughersteller setzen auf das Kältemittel Kohlendioxid bei Klimaanlagen. In die Aufbruchstimmung mischt sich dabei auch Selbstkritik. Denn Klimaanlagen mit CO2 hätte man schon 2007 haben können.

Stuttgart - Die deutschen Autobauer wollen gemeinsam Klimaanlagen mit dem Kältemittel Kohlendioxid (CO2) entwickeln. Damit wollen Audi, BMW, Daimler, Porsche und VW möglichst rasch das hochgiftige und ätzende Kältemittel R1234yf ersetzen, das derzeit allein den seit Jahresbeginn geltenden EU-Grenzwert erfüllt. In die Aufbruchstimmung mischt sich dabei auch Selbstkritik. „Wir haben die Entwicklung von Klimaanlagen mit CO2 zu früh zu den Akten gelegt. Wir waren leider schon einmal sehr weit“, sagt ein Audi-Sprecher. Am 6. September 2007 verkündete der Branchenverband VDA, dass die deutschen Autobauer das Kältemittel Kohlendioxid in Fahrzeugklimaanlagen einsetzen wollen. Damit könne der direkte Treibhauseffekt einer Klimaanlage gegenüber der bisher eingesetzten Technologie um mehr als den Faktor 1000 verringert werden. „Mit diesem gemeinsamen Schritt gehen deutsche Automobilhersteller auch bei klimaschonenden Kältemitteln weltweit in  Führung“, verkündete VDA-Präsident Matthias Wissmann stolz.

 

Nach diesem Grundsatzbeschluss erhielten Autozulieferer wie Behr Entwicklungsaufträge und steckten selbst auch viel Geld in die Entwicklung von Klimaanlagen mit Kohlendioxid. Doch dann präsentierten die US-Chemiekonzerne Honeywell und DuPont plötzlich ein Kühlmittel mit dem Handelsnamen R1234yf. Mit dieser Chemikalie konnten die Autobauer ebenfalls die von der EU angekündigten schärferen Grenzwerte einhalten. Diese sollten für Fahrzeuge gelten, die ihre Typzulassung nach dem 1. Januar 2011 erhalten haben. Die Chemikalie hatte einen großen Vorteil gegenüber Kohlendioxid. Es waren keine aufwendigen konstruktiven Veränderungen an der Klimaanlage erforderlich. Vielmehr konnte das Mittel in die gleichen Klimaanlagen eingefüllt werden, die das alte Kältemittel R134a verwenden. Zudem stieß Kohlendioxid vor allem in den USA, wo die Großkonzerne DuPont und Honeywell Lobbyarbeit betrieben, auf große Skepsis.

Honeywell verspottet die Autobauer

Daraufhin vollzog die Autoindustrie einen Schwenk. Sie setzte auf das Kältemittel der US-Chemieriesen und stoppte die Entwicklung von Klimaanlagen mit Kohlendioxid. Binnen einer Woche, so berichtet ein Insider, wurden damals sämtliche Entwicklungsaufträge gestoppt, die Zulieferer mussten, wie zu hören ist, sehr viel Geld in den Wind schreiben.

Beim Honeywell hat man für die Rückkehr der deutschen Autobauer zu CO2-Anlagen nur Hohn und Spott übrig. „Das ist doch ein alter Hut“, meint eine Sprecherin der PR-Agentur Hering Schuppener, die Honeywell betreut. „CO2 wird seit 20 Jahren als Kältemittel erforscht, und jetzt kommen die damit wieder um die Ecke.“ In mehr als zwei Jahrzehnten Forschungsarbeit habe es bei Klimaanlagen mit Kohlendioxid Probleme hinsichtlich Leistung, Kosten, Sicherheit und Umwelteinflüssen gegeben – die die deutschen Autobauer aber für lösbar halten.

Bei der Frage, wie lange es nun dauern wird, bis Klimaanlagen mit Kohlendioxid in Serienproduktion gehen, gibt es unterschiedliche Meinungen. In der Autobranche werden für die Entwicklung drei bis vier Jahre veranschlagt. Der Stuttgarter Klimaanlagenbauer Behr mag keine Peilung wagen. Man könne nicht einfach die alten Pläne aus der Schublade holen und weitermachen, meint ein Sprecher, weil sich die Technik in der Zwischenzeit geändert habe. Um nähere Aussagen zu machen, so der Sprecher, müsste man erst einmal das Lastenheft der Autobauer kennen. Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe, meint dagegen, dass es sehr schnell gehen könnte, wenn nur der politische Druck auf die Autobauer hoch genug sei. Die Umwelthilfe verweist darauf, dass das Kohlendioxid bereits in großem Umfang in der stationären Kühlung verwendet und deutschlandweit bereits in mehr als 20 Bussen angewendet werde. Erst kürzlich habe zudem die Bahn einen Dieselhybridzug mit CO2-Klimaanlage präsentiert. Bei BMW heißt es: „Ein flächendeckendes Roll-out-Szenario ist eher mittel- bis langfristig denkbar.“