Kafkaesk beschreibt ganz gut, was da am Mittwochabend auf der Bühne des Stuttgarter Keller Klubs passiert. Doch es ist gut. Und: die deutsch-britischen Band Kafka Tamura hat sich nicht nach Franz Kafka benannt.

Stuttgart - Allein der Name mag das erste Interesse an der Band Kafka Tamura wecken. Nicht weit hergeholt ist der Bezug zu Frank Kafka, dem Schriftsteller der Moderne, der Gefühle der Wehmut und der Schwere in Texte ausdrückte. Und so klingt es auch am Mittwoch bei Kafka Tamura im Keller Klub: Ein dumpfer Bass zieht sich schwermütig durch die Songs der äußerst jungen Sängerin Emma Dawkins (18), ansonsten zieren nur angezupfte Gitarrenakkorde, hohe Keyboardklänge und Synthesizertöne die Stücke. Leichtigkeit.

 

Das Bühnenbild und das Kleid von Dawkins spiegeln ebendiese Leichtigkeit wider - Blüten, überall sind Blüten zu sehen. Dazu kommen ihre Texte: Es geht um Hoffnungslosigkeit, dann wieder um Hoffnung. Es ist ein wenig kafkaesk, was auf der Bühne des Keller Klubs passiert. Doch es ist gut. Die sphärischen Indiepop-Töne der deutsch-brittischen Band gehen bis unter die Haut - so wie auch die etwas kehlige Stimme Dawkins. Sie schnippt dazu im Takt und vier Bandmitglieder, alle in schwarze Hemden gekleidet, wackeln synchron mit dem Kopf. 

Kennt hier jemand Milky Chance?

So entsteht ein unterhaltendes Bild, das immer wieder durch blaues Licht verfärbt wird. Was auch den rund 150 Zuschauern zu gefallen scheint. Kaum ein Laut ist aus dem Publikum zu hören. Konzentriert nehmen die Zuhörer wahr, was da auf der Bühne passiert, saugen die Musik regelrecht ein - obwohl die nicht ganz außergewöhnlich ist. Hin und wieder erinnern die leichten Klänge, die dunklen Bässe und der Mut zum Minimalistischen stark an die britische Band The XX oder die etwas kehlige unberührte Stimme Dawkins an die deutsche Sängerin Dillon. Vielleicht ist es für den einen oder anderen auch Milky Chance. Immerhin sind Kafka Tamura seit kurzem unter Vertrag bei der Plattenfirma, die auch die Macher des Über-Sommerhits "Stolen Dance" unter Vertrag hat: Lichtdicht Records in Kassel. Man kam sich zufällig bei einem Gig in Köln in Kontakt.

Die Bandmitglieder von Kafka Tamura hingegen lernten sich „romantisch“ über das Internet kennen. Die Engländerin Emma Dawkins lud vor zwei Jahren Songs bei der Musikplattform Soundcloud hoch, auf die irgendwann die beiden Leipziger Musiker Patrick Bongers (27) und Gabriel Häuser (27) stießen. Bongers und Häuser schrieben sie an und schickten ihr melancholische Indiepop-Tracks. Dawkins steuerte den Gesang bei. Über das Netz gingen die Aufnahmen hin und her, bis die beiden Leipziger zu ihr nach Southampton reisten.

Nach diversen Sessions, die bis heute im Netz zu finden sind sowie ersten Konzerten - etwa 2013 im Café Galao - kam im August dieses Jahres das Debütalbum „Nothing to Everyone“ raus. Elf Songs sind darauf enthalten - ein Grund warum das Konzert am Mittwoch im Keller Klub nach einer Stunde bereits zu Ende ist.

Anders wie in Kafkas Romanen geht die Geschichte der Band bisher gut aus: Der Applaus im Keller ist laut, sogar ein paar deutsche Wörter wie „Dankeschön“ oder „geil“ haut Dawkins raus. Einzig die Herkunft des Namens enttäuscht. Am Ende verraten Kafka Tamura, dass ihr Name nicht von dem Schriftsteller inspiriert ist, sondern von einer japanischen Geschichte mit dem Titel „Kafka am Strand“, das Lieblingsbuch der Band.


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