Der Winter ist passé. Doch warum werden viele ausgerechnet im Frühjahr so schlapp? Und wie kann man die Frühjahrsmüdigkeit überwinden?

Stuttgart - Kaum ist der lange und eisige Winter überstanden, setzt bei mehr als 50 Prozent der deutschen Männer und sogar noch bei viel mehr Frauen eine klassische Befindlichkeitsstörung ein: die Frühjahrsmüdigkeit. Der Körper befindet sich im Stand-by-Modus, und auch dem Geist fehlt es bisweilen an Schwung.

Wer unter Kreislaufstörungen, Leistungsschwäche, Kopfschmerzen und Stimmungsschwankungen, Lustlosigkeit oder Gereiztheit leidet, findet sich also in allerbester Gesellschaft. Das ausgeprägteste Symptom der Erscheinung dürfte das immense Schlafbedürfnis sein, dass sich dieser Tage bei manchen besonders hartnäckig ankündigt. Die Zeitumstellung am Wochenende wird für viele ihr Übriges getan haben.

Die Frühjahrsmüdigkeit gibt es tatsächlich


Über die genauen Ursachen der Frühjahrsmüdigkeit wird derzeit noch geforscht. Fakt ist: es gibt sie tatsächlich. Spekuliert wird derzeit, dass der Hormonhaushalt eine große Rolle beim Entdecken der Schlappheit spielt. "Es ist bekannt, dass in den langen Wintermonaten das Glückshormon Serotonin abnimmt, da seine Produktion vom Tageslicht abhängig ist", sagt Curt Diehm, Vorsitzender der Deutschen Gefäßliga und Chefarzt der Inneren Abteilung im Klinikum Karlsbad-Langensteinbach.

"Wir erleben derzeit ein Ungleichgewicht von Serotonin und dem in den Wintermonaten überschießend vorhandenen Schlafhormon Melatonin", sagt er. Auf den Punkt gebracht, heiße das so viel wie: "Wir erwachen im Moment aus dem Winterschlaf."

Im Winter steigt außerdem der Blutdruck deutlich höher an als im Sommer. Mit steigenden Temperaturen wird das Blut mit weniger Druck durch die Adern gepumpt - das liegt daran, dass sich die Gefäße langsam wieder dehnen. Der Körper reagiert auf all dies mit Müdigkeit und Schwäche. Aber es kann Abhilfe geschafft werden. Wie immer hilft auch hier Bewegung: den Fahrstuhl einfach mal links liegenlassen und stattdessen so oft wie möglich Treppen steigen.

"Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig"


"Ideal sind auch Spaziergänge, Nordic Walking oder Radausflüge an der frischen Luft", so Curt Diehm. Hilfreich könnten auch Wechselduschen am Morgen sein - für Warmduscher ist das allerdings nichts. "Gegen Ende sollte man sich immer eine kalte Brause gönnen", sagt der Mediziner. Eine ausgewogene Ernährung ist ebenfalls wichtig: "Besser sind definitiv kleine Mahlzeiten. Große machen müde", weiß Diehm. Wer es sich erlauben kann, sollte sich außerdem ein Beispiel an den Südländern nehmen und eine 15-minütige Siesta halten.

"Dadurch verlieren wir keine Zeit, sondern die gesteigerte Wachheit und Leistungsfähigkeit kompensiert den vermeintlichen Zeitverlust allemal." Mindestens zwei Liter Flüssigkeit müssen die Frühjahrsmüden außerdem täglich trinken. Der Mediziner empfiehlt grünen Tee oder Rosmarintee. Sein ultimativer Tipp: "Essen Sie außerdem fünfmal am Tag frisches Obst und Gemüse!"

Wer sowieso schon unter niedrigem Blutdruck leidet, wird sich dieser Tage doppelt schlapp fühlen. "Frühjahrsmüdigkeit ist keine Krankheit", sagt Diehm. Deshalb sollte auch ein Arzt zurate gezogen werden, wenn die Symptome nicht verschwinden. Dann könnte unter Umständen eine organische oder psychische Erkrankung vorliegen wie beispielsweise eine Schilddrüsenunterfunktion, eine Depression oder ein chronisches Erschöpfungssyndrom.

Überängstlich auf die Symptome des Körpers solle man sich aber zunächst nicht zeigen. Curt Diehm: "Nach einigen Tagen verschwindet die Schlappheit normalerweise. Der Körper braucht jetzt einfach Zeit, um seine Energiereserven nach dem langen Winter wieder aufzuladen."