Bis kommenden Montag soll das Pentagon dem Präsidenten die Umrisse eines Plans präsentieren, wie die Terrororganisation Islamischer Staat besiegt werden kann. Die USA dürften daher schon bald mehr Einsatz von ihren Alliierten einfordern – auch von Deutschland. In der Berliner Koalition sorgt das für Streit.

Berlin - Vernichten, ausmerzen, ausrotten, tilgen – diese Übersetzungen bietet das Wörterbuch für das englische Verb „eradicate“ an, das Donald Trump nach seiner Vereidigung benutzt hat. „Wir werden die zivilisierte Welt vereinen gegen den radikalen islamischen Terror, den wir vollständig von der Erdoberfläche tilgen werden“, kündigte der neue US-Präsident am 20. Januar an. Nur acht Tage später wies er in einem sogenannten Präsidenten-Memorandum seine Regierung an, mit Blick auf die Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates „einen neuen Plan, um den IS zu besiegen“ zu entwickeln. „Innerhalb von 30 Tagen“, so Trumps Anweisung, soll ihm Verteidigungsminister James Mattis einen vorläufigen Entwurf zukommen lassen.

 

In wenigen Tagen dürfte es deshalb so weit sein, da die gesetzte Frist am kommenden Montag ausläuft. Details sind bisher so gut wie keine bekannt, allerdings enthält Trumps Memorandum schon einige konkrete Vorgaben: Angefordert worden sind eine „umfassende Strategie und Pläne für einen Sieg über den IS“. Beinhalten sollen sie neben einer Aufhebung möglicher Beschränkungen im amerikanischen Recht, Informationsoffensiven im Internet und der Austrocknung von Finanzierungsquellen des Terrors auch zwei Punkte, die Nato-Partner wie Deutschland haben hellhörig werden lassen. So ist die Rede von der Suche nach „neuen Koalitionspartnern im Kampf gegen den IS“ sowie vom Ziel, Verbündete zu „befähigen, den IS und dessen Netzwerk zu bekämpfen“.

Der Trump-Regierung reicht deutsches Engagement nicht

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende hat Kanzlerin Angela Merkel zum ersten Mal eine exaktere Vorstellung davon vermittelt bekommen, was die USA von den Nato-Alliierten erwarten, die allesamt der Anti-IS-Koalition von inzwischen mehr als 60 Staaten, darunter auch viele mehrheitlich muslimische Länder, angehören. In einem etwa einstündigen Gespräch Merkels mit Vizepräsident Michael Pence wurden unter anderem, wie das Weiße Haus im Anschluss offiziell mitteilte, „die nächsten Schritte im Kampf gegen den IS und andere terroristische Organisationen diskutiert“.

Das Kanzleramt geht seither davon aus, dass Washingtons neuer Plan auch die deutsche Politik beschäftigen wird, weil sich die amerikanische Seite wünscht, dass die Nato eine größere Rolle spielt. Bisher wurde aus Rücksicht auf die muslimischen Koalitionsländer die Sichtbarkeit der Allianz klein gehalten – bei Tagungen im Brüsseler Hauptquartier wurden sogar die Embleme verdeckt. Zum Ende von Barack Obamas Präsidentschaft wurde das Nato-Engagement bereits erhöht, inzwischen gibt es eine Ausbildungsmission im Irak sowie den Aufklärungseinsatz der Awacs-Flugzeuge, beide mit deutscher Beteiligung. Das jedoch reicht Trumps Regierung nicht, das Bündnis soll in noch nicht konkret definierter Weise mehr tun, allerdings, wie man im Kanzleramt inzwischen weiß, „mehr als Friedenstäubchen entsenden“.

CDU-Politiker Röttgen geht auf die SPD los

Eine neue Ausweitung des militärischen Engagements liefert deshalb schon jetzt, da der amerikanische Plan noch nicht einmal ausbuchstabiert ist, Gesprächsstoff in Berlin – und löst Unstimmigkeiten in der großen Koalition aus. Während man sich im Kanzleramt durchaus vorstellen kann, mehr zu tun und gerade nach dem Berliner Terroranschlag „keine Probleme damit“ hat, den Kampf gegen den IS stärker zu unterstützen, seien, wie es dort heißt, „Auswärtiges Amt und die SPD-Fraktion allergisch gegen eine größere Nato-Rolle“. Tatsächlich spricht sich Rainer Arnold, der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, klar gegen eine Ausweitung aus. „Man kann über ein paar Soldaten mehr hier oder da reden“, so der Nürtinger Abgeordnete, „aber fundamental werden wir in Syrien und im Irak nicht mehr Aufgaben übernehmen.“ Es sei nicht an den Amerikanern, zu „definieren, was wir künftig in Syrien machen: Das ist eine Entscheidung, die auch in der Regierungszeit von US-Präsident Trump im Bundestag getroffen wird“.

„Die SPD rückt wirtschaftspolitisch nach links, vielleicht auch sicherheitspolitisch“, sagt dazu der Unionsaußenpolitiker Norbert Röttgen. „Die CDU wird Kurs halten und sich in wichtigen außen- und sicherheitspolitischen Fragen nicht taktisch verhalten.“ Allerdings warnt auch er davor, nun blind die Wünsche der Regierung Trump zu erfüllen: „Die Lage im Irak und in Syrien hat sich allein durch die Wahl eines neuen US-Präsidenten nicht verändert. Es mangelt nicht an Luftangriffen, und auch die Amerikaner wollen keine Bodentruppen – die Realität ist komplizierter als manche einfache Ankündigung.“