Das Verteidigungsministerium hat die Abnahme des für Afghanistan vorgesehenen Kampfhubschraubers Tiger gestoppt.

Stuttgart - Die Serie technischer Mängel beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern Eads reißt nicht ab. Neues Sorgenkind ist der für die Bundesluftwaffe in Afghanistan bestellte Kampfhubschrauber Tiger, den die Eads-Tochter Eurocopter baut. "Es gibt gravierende Probleme mit der Verkabelung", bestätigte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin auf Anfrage. Die Industrie habe seit Ende 2009 keinen den Anforderungen entsprechenden Tiger mehr geliefert und die Bundeswehr deshalb die Abnahme des Fluggeräts ausgesetzt. Nach dem Debakel mit dem weltgrößten Passagierflugzeug Airbus A380 und dem Militärtransporter A400M ist der Tiger das dritte ins Stocken geratene Großprojekt.

Anders als beim A380 und dem A400M, die Eads jeweils mehrere Milliarden Euro gekostet haben, hält sich die finanzielle Belastung für den Hersteller beim Kampfhubschrauber zumindest vorerst in engen Grenzen. Der Bund habe bislang keine Vertragsstrafen geltend gemacht oder damit gedroht, stellte ein Sprecher des Verteidigungsministerium klar. Die Verträge würden das hergeben. Somit muss Eurocopter bislang nur mit verzögerter Bezahlung der pro Stück 40 Millionen Euro teueren Maschinen leben.

Ist die Bundeswehr bei den Mängeln zu kritisch?


Insgesamt liegt das Tiger-Programm bereits fünf Jahre hinter allen Zeitplänen zurück. Die Luftwaffe sollte eigentlich schon 67 von 80 bestellten Maschinen im Wert von drei Milliarden Euro im Einsatz haben. Elf Exemplare sind es bislang aber nur und die stammen aus einer Altversion, die für Afghanistan ohnehin nicht taugt. Das Verkabelungsproblem sei nicht sicherheitsrelevant und die französische Luftwaffe fliege den Tiger in Afghanistan, betonte eine Eurocopter-Sprecherin. Deutschland sei bei der Abnahme der Maschinen zu pingelig, soll das wohl heißen.

In einem internen Bericht des Berliner Verteidigungsministeriums liest sich das aber anders. Die Tiger seien weder für den Ausbildungsbetrieb noch für den Kampfeinsatz geeignet, zitieren Nachrichtenagenturen daraus. Schon nach "sehr wenigen Flugstunden" würden die seit März 2009 bekannten Probleme mit aufgescheuerten Kabeln auftreten. Eurocopter räumt ein, Kabelstränge zu nahe aneinander verlegt zu haben. Sie addieren sich im Kampfhubschrauber auf eine Länge von 16 Kilometern. Das Problem sei mittlerweile technisch gelöst, so eine Sprecherin. Die Bundeswehr werde ihre ersten perfekten Tiger im Juni und Juli erhalten. Die mehrjährige Verzögerung des Großprojekts gehe aber auch auf das Konto der "Amtsebene". Der Bund stelle nur einen Testpiloten für die Abnahme neuer Maschinen zur Verfügung und dieser schaffe nur fünf Hubschrauber pro Jahr. Frankreich nehme schneller ab. Dem widerspricht der Bund. Der macht die schleppende Lieferung durch die Industrie und die hartnäckigen Mängel für das neuerliche Eads-Debakel verantwortlich. "Wir gehen nicht davon aus, dass durchhaltefähige Tiger vor Ende 2012 in den Einsatz gehen", betonte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin.

Neben Deutschland und Frankreich, mit je 80 Maschinen Hauptabnehmer, haben auch Spanien und Australien den Kampfhubschrauber bestellt. Probleme mit einem Hubschrauber hatte Eurocopter zuletzt auch beim NH90. Das Modell wies Mängel beim Kabinenboden auf.