Die Kämpfe zwischen türkischer Armee und kurdischen Milizen in Syrien sind vorerst gestoppt. Das liegt nach Darstellung der Kurden an einer vereinbarten Waffenruhe - die es türkischen Angaben zufolge gar nicht gibt.

Istanbul - Obwohl die Führung in der Türkei eine Waffenruhe mit kurdischen Milizen in Nordsyrien dementiert, sind die Gefechte zwischen beiden Seiten eingestellt worden. Die Lage sei ruhig, sagte der Sprecher der kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG), Redur Xelil. Beide Seiten hielten sich an eine zuvor abgesprochene Waffenruhe. Nach Darstellung der kurdischen Milizen war die Feuerpause mit der Türkei am Vortag unter Vermittlung der US-geführten internationalen Koalition ausgehandelt worden.

 

Die Türkei dagegen dementiert eine solche Absprache. Von einer Einigung könne keine Rede sein, sagte der Sprecher von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, Ibrahim Kalin, am Mittwoch in Ankara. Vielmehr werde der Militäreinsatz fortgesetzt. Auch Europaminister Ömer Celik machte deutlich, dass die YPG für die Türkei eine „Terrororganisation“ und daher kein Verhandlungspartner sei.

Rückzug südlich des Euphrats gefordert

Die YPG ist der syrische Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK in der Türkei. In Nordsyrien dominiert die YPG das von den USA unterstütze Militärbündnis der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). Die Türkei will, dass sich die SDF auf das Gebiet östlich des Flusses Euphrat zurückzieht.

Damit will Ankara verhindern, dass die kurdischen Milizen weiter nach Westen vorrücken und damit ein zusammenhängendes Gebiet an der Grenze zur Türkei schaffen. Damit könnten Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden in der Türkei befördert werden, so die Befürchtung.

Die türkische Armee und syrische Rebellen hatten vor rund einer Woche eine Offensive im Norden Syriens begonnen und zunächst die Stadt Dscharablus von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) befreit. Danach rückten sie gegen Kräfte vor, die zu den SDF gehören.

Nach Darstellung der Türken hatte die türkische Armee in der vergangenen Woche zahlreiche YPG-Kämpfer bei Gefechten im Gebiet südlich von Dscharablus getötet. YPG-Sprecher Xelil sagte nun, dass seine Einheiten nicht an den Kämpfen beteiligt waren. „Die Volksschutzeinheiten haben sich überhaupt nicht mehr in diesen Gebieten aufgehalten“, sagte er.

Wichtige Verbündete der internationalen Koalition

Die kurdischen Einheiten gehören im Kampf gegen den IS in Syrien zum wichtigsten Verbündeten der von der US-geführten internationalen Koalition, die Luftangriffe gegen die Extremisten fliegt. Präsidentensprecher Kalin kritisierte, vor allem die westlichen Medien hätten die YPG in der Vergangenheit als einzigen effektiven Akteur gegen den IS dargestellt. Das sei jedoch ein „Mythos“, sagte er. „Man kann eine Terrororganisation nicht mit einer anderen Terrororganisation besiegen.“

Auch das russische Außenministerium rief unterdessen die Türkei auf, bei der Offensive in Syrien nicht die Oppositionskräfte und nicht syrische Kurden ins Visier zu nehmen. Ankara solle sich auf den Kampf gegen Terroristengruppen konzentrieren, sagte eine Sprecherin.